Ein Wochenende für das Anarchist Black Cross Wien

Vom 20. – 23.04.2017 findet zum mittlerweile 5. Mal das ABC Solifest im EKH in der Wielandgasse 2 – 4 in Wien/Favoriten statt. Neben jeder Menge Konzerten und Party am Abend wird es auch ein umfangreiches Programm mit zahlreichen Diskussionen und Vorträgen geben. Weitere Informationen und Aktualisierungen zum Programm könnt ihr laufend den unten angeführten Quellen entnehmen!

Zur Intention des Wochenendes lassen wir ABC Wien selbst zu Wort kommen:

„Der Grund, warum wir dieses Solidaritätsfestival veranstalten, ist primär, weil wir Kohle brauchen. Denn Bücher, die ihr auf unseren Infotischen kaufen könnt, Aufkleber und Plakate, finanzieren sich nicht von selbst. Wir verwenden das Geld außerdem, um befreundete Projekte zu unterstützen, deren Kampf sich ebenfalls gegen Repression, Knast, Kontrolle, Disziplinierung und Autorität richtet. Und natürlich fließt ein weiterer Teil der Kohle in die finanzielle Unterstützung von GefährtInnen, die im Knast sind oder denen der Prozess gemacht wird und Anwaltskosten und dergleichen zu tragen haben. Ein weiterer Grund, warum wir dieses Fest machen ist, weil wir damit die Idee des Anarchismus, der Solidarität und der Gefangenenunterstützung, sowie des Kampfes gegen das Gefängnis, die Kontrolle und die Autorität stärken wollen.“

Das Anarchist Black Cross hat sich also zur Aufgabe gemacht in unterschiedlichen Kontexten die Repression gegen die anarchistische Bewegung und den Komplex Gefängnis zu bekämpfen. Da wir die Verteidigung der anarchistischen Ideen und jener die auf antiautoritäre und selbstorganisierte Art gegen Staat, Kapital und Unterdrückung kämpfen teilen, so erkennen wir uns auch in der Tätigkeit des ABC wieder. Denn der Kampf gegen die Autorität muss immer auch den Kampf gegen die Repression und das Gefängnis implizieren. An dieser Stelle noch einige Worte zur Geschichte und Entwicklung des sogenannten ‚Schwarzen Kreuzes‘ sowie zur Wiener Gruppe.

Ursprung und kurze Geschichte des ‘Schwarzen Kreuzes’

Die Geschichte des ‘Anarchistischen Schwarzen Kreuzes’ ist eng an die Geschichte des Anarchismus und der revolutionären Bewegungen in Russland, Europa und den USA gebunden. Die Vorgängerorganisation des Anarchist Black Cross (ABC) war das Anarchist Red Cross (ARC). Nach den revolutionären Unruhen von 1905 in Russland folgte schließlich eine Welle der zaristischen Repression, die auf alle zielte, die sich an den Aufständen beteiligt hatten. Darunter natürlich auch jede Menge Anarchisten und Sozialrevolutionäre. Die erste ARC Gruppe wurde irgendwann zwischen 1900 und 1907 gegründet. Im Jahre 1907 fanden in London zwei Treffen von Sozialrevolutionären und Anarchisten statt, um über die Notlage der Gefangenen in Russland zu sprechen. Bald entstanden auch Gruppen im Exil in Europa und den USA. Meist waren diejenigen, denen die Flucht gelungen war, die ersten die neue Gruppen im Ausland gründeten. Nach London war eine der ersten die ARC Gruppe in New York. Danach folgten Gründungen in anderen Städten der USA. Die Unterstützungsarbeit im Ausland setzte sich aus unterschiedlichen Tätigkeiten zusammen. Die Gruppen organisierten Benefizveranstaltungen und verschickten Pakete mit Kleidung und Schuhen an die Gefangenen. Es wurden Briefkontakte zu den Gefangenen gehalten und Briefe und Berichte aus den Gefängnissen und Lagern in Russland in eigenen Zeitungen veröffentlicht. Im Jahr 1914 beschlossen einige Mitglieder der ‘Lettischen Sektion des anarchistischen Roten Kreuzes’ zusammen mit anderen Anarchisten das Anwesen von John D. Rockefeller in die Luft zu sprengen. Rockefeller hatte im April 1914 der Nationalgarde den Befehl gegeben auf die streikenden ArbeiterInnen und ihre Familien in Ludlow zu schießen. Leider flog die Bombe vorzeitig in einem Apartment in der Lexington Avenue in New York in die Luft und riss einen Teil der Gruppe mit in den Tod.

Nachdem Kriegsaustritt Russlands und der Abdankung des Zaren im Jahr 1917 und dem Anwachsen der revolutionären Stimmung kam es zu einer Massenamnestie der politischen Gefangenen. Viele der Anarchisten im Exil versuchten nach Russland zurückzukehren. Wobei die Bolschewiki bereits neue Strukturen der Unterdrückung erschaffen hatten. Laut dem damaligen ARC-Mitglied Yelensky sind mehr als 90% derjenigen, die nach Russland zurückgekehrt sind, unter dem bolschewistischen Terror ermordet worden.

Während dem auf 1917 folgenden Bürgerkrieg reorganisierte sich die Gefangenenunterstützung wieder. Dieses mal unter dem nunmehr gebräuchlichen Namen ABC (Anarchist Black Cross), um Verwechslungen mit dem ‘Internationalen Roten Kreuz’, das ebenfalls vor Ort war, zu vermeiden. Im Jahr 1918 wurden nach dem Vorbild der russischen Verteidigungs- und Gefangenenunterstützungsstrukturen eigene Gruppen in der Ukraine gegründet. Diese kämpften während der Phase der Machnowtschina, vor allem in den Städten, gegen die Rote Armee und die ‘Weißen’.

Die 1930er und 40er Jahre waren vom Vormarsch des Terrors in der Sowjetunion und des Faschismus in Europa gezeichnet. Kontakte brechen ab, Strukturen werden zerschlagen, wer kann, rettet sich ins Exil. Der größte Teil der inhaftierten Anarchisten wird in den stalinistischen und faschistischen Knästen und Konzentrationslagern ermordet.

In den 1960er und 70er Jahren kommt zu einer Reihe von Neugründungen des ABC. Beispielsweise die Gruppe in London im Jahre 1967, der auch Stuart Christie angehörte, der im Jahr 1964 versuchte ein Attentat auf den spanischen Diktator Franco zu verüben. ABC organisierte zu dieser Zeit viele Solidaritätskampagnen für spanische AnarchistInnen. In Italien wurde1969 die Gruppe Croce Nera Anarchica (CNA) gegründet. Einer davon war Giuseppe Pinelli, der im Dezember 1969 von den Bullen aus dem obersten Geschoss des Polizeihauptquartier in Mailand geworfen wurde. Mitglieder der ABC in Deutschland waren zum Beispiel Georg von Rauch oder Thomas Weissbecker. Beide wurden Anfang der 1970er von den Bullen erschossen.

In den 1980ern gab es viele Neugründungen in den USA, die zum Teil bis heute bestehen. Seit den 1990er Jahren wurden auch in Europa einige ABC Gruppen gegründet, wobei viele nicht mehr existieren. ABC Gruppen gibt es in vielen Teilen der Welt. Sie organisieren sich zum Teil individuell, zum Teil in losen Netzwerken, oder wie am Beispiel der USA in Form einer Föderation. ABC Gruppen gibt es aktuell in Großbritannien, den USA, Russland, Deutschland, Belarus, Tschechien, Spanien, Italien, Mexiko, Argentinien, Polen, Österreich und anderen Gegenden.

ABC Wien

Die ABC-Gruppe in Wien gibt es seit 2008. ABC Wien organisiert Veranstaltungen um Kohle für Gefangene zu sammeln. Die Gruppe unterstützt die Ideen der Gefangenen indem sie deren Texte und Informationen zu ihren Kämpfen verbreitet. ABC Wien propagiert und dokumentiert den Kampf der Gefangenen, der anarchistischen Bewegung und den Kampf gegen das Gefängnis als zentrale Struktur staatlicher Unterdrückung auf ihrer Website und in diversen Veröffentlichungen (Zeitung, Brochüren, etc.). Immer wieder und seit Jänner 2017 auch regelmäßig gibt es eine Schreibwerkstatt, wo es die Möglichkeit gibt Briefe und Postkarten an Gefangene zu schreiben und sich auszutauschen. Sie findet jeden letzten Donnerstag im Monat statt.

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