Vor allem bei größeren Demonstrationen treten immer wieder Zusammenhänge von Leuten auf, die sich schwarz kleiden und ihre Gesichtszüge durch Tücher, Schals, Masken usw. unkenntlich machen. Dabei handelt es sich in erster Linie um ein Demonstrationskonzept, das den Schutz der Einzelnen vor Repression, Erkennung gegenüber Polizei, ArbeitgeberInnen, Nazis, usw. erhöhen soll und dabei den Handlungsspielraum der gesamten Demonstration erweitern soll.
Ein kurzer geschichtlicher Abriss, sowie die Überlegungen und Ideen dahinter sollen nun hier erscheinen, da weit verbreitete Unkenntnis vorherrschen und das Konzept auch von Leuten, die daran teilnehmen, desöfteren missverstanden wird…
Ein „schwarzer Block“ ist also ein Demo-Konzept und keine Gruppe, kein Verein oder Ähnliches, was man immer wieder zu hören kriegt. Schwarze Blöcke entwickeln sich meist spontan, auch immer wieder mal organisiert, d.h. vorher abgesprochen, allerdings ist es vielmehr ein auftretendes „Massenphänomen“ als ein von langer Hand geplanter Aufzug.
Das Konzept kommt eigentlich aus der Szene der Autonomen aus dem Deutschland der 80er Jahre, der Name kommt ursprünglich von Seiten der Polizei: 1981 ermittelten die Bullen gegen mehr als 50 Leute wegen Mitgliedschaft in der „terroristischen Vereinigung Schwarzer Block“ in Frankfurt am Main, dieser Titel wurde von verschiedenen Bewegungen aufgegriffen und wird seither von politischen Gruppen und Einzelpersonen verwendet, aber ebenso von den Medien und den Bullen. Das Konzept, sich schwarz und einheitlich zu kleiden und sich zu vermummen tritt meist bei größeren Demonstrationen auf. Durch die einheitliche Kleidung ist es für die Polizei wesentlich schwieriger, einzelne Leute zu identifizieren und sie damit mit Repression zu überziehen. Aber diese homogen wirkende Masse ermöglicht auch einen anderen Handlungsspielraum während der Demo, so um sich z.B. vor Übergriffen der Polizei zu schützen oder gar mal den Spieß umzudrehen und die Polizei oder andere unliebsame Auswüchse anzugreifen.
Deshalb ist es auch sinnvoll, dass sich viele Leute daran beteiligen, auch wenn sie selbst vielleicht gar nix geplant haben. Denn durch die schiere Menge an (ähnlich aussehenden) Leuten ermöglicht man dadurch auch Anderen, die sich etwas überlegt haben, das Handeln. Wenn nur eine Bezugsgruppe von vielleicht fünf Leuten schwarz gekleidet/vermummt ist und alle anderen nicht und z.B. aus der Demo heraus Farbbeutel auf eine Bank wirft, ist recht schnell klar, wer die „Schuldigen“ sind. Und diese können von der Polizei sehr leicht isoliert und aufgegriffen werden.
Andersrum betrachtet macht es bei kleinen „Nacht- und Nebelaktionen“, sprich bei z.B. Angriffen auf Parteizentralen oder ähnliches mit wenigen Leuten, meiner Meinung nach kaum einen Sinn, wenn sich die Beteiligten schwarz kleiden und vermummen – außer es ist klar, dass man es nicht vermeiden kann, auf einer Überwachungskamera oder so drauf zu sein. Man wird ja auch nicht schwarz gekleidet und vermummt in einer Gruppe durch die Stadt fahren/gehen, die Aktion machen und dann genauso weiterspazieren. Hier macht es mehr Sinn, sich entweder sehr schnell umziehen zu können, oder von Vornherein „normal“ auszusehen.
Nun ist es in Wien, bzw. in Österreich nicht unbedingt so, dass Angriffe aus großen Menschenmengen ständig passieren. Bei der letzten Großdemo gegen die neue schwarz-blaue Regierung am 13.1. demonstrierten nach unterschiedlichen Angaben zwischen 25 000 und 70 000 Menschen gegen die Regierung. Dabei kam es auch zur Bildung eines größeren „dunklen Blocks“, an dem schätzungsweise 500 Leute teilnahmen. Außer einigen bengalischen Fackeln und Rauchtöpfen in diesem Block kam es allerdings zu keinerlei Angriffen oder ähnlichem. Hier stellt sich durchaus die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines solchen Auftretens. Denn dadurch, dass bei Demos immer wieder ein schwarzer Block auftritt, der dann allerdings auch nichts anderes macht als die anderen Demo-TeilnehmerInnen, entsteht eine komische Situation: alle Augen (und Kameras) richten sich auf diesen Block und erwarten das Spektakel, das allerdings ausbleibt. Die Drohung von Gewalt, Militanz und Sachbeschädigungen, die ein solcher Block nun einmal hat, wird nicht erfüllt und verkommt ab einem bestimmten Zeitpunkt zum bloßen Ritual oder Lifestyle.
Nun will ich hier natürlich nicht behaupten, dass es besser wäre, dass auf Demos keine Angriffe gegen Autoritäten/Gebäude/usw. passieren sollen. Ich möchte viel eher zur Reflexion darüber anregen, wann und wie es sinnvoll ist in Schwarz aufzutreten und wann nicht. Schwarz und/oder vermummt heißt nicht unbedingt radikal, vor allem dann nicht, wenn damit ein bestimmtes Bild in den Medien bestätigt werden soll – in genau den Medien, die in den allermeisten Fällen unsere Feinde sind.