>>…Wir leben nicht auf Erden, um zu gehorchen, um untertan zu sein und noch dafür misshandelt zu werden. Nein, Kameraden, wir leben auf Erden, um in unserer Person und als Mensch frei zu sein. Das Leben ist zu kurz, als dass wir es wegwerfen können für Ideen anderer und für das Bimmel Bammel derer , die uns führen wollen, um uns zu beherrschen. Aber wenn wir frei sein wollen, dann müssen wir uns unsere Freiheit täglich neu verdienen. Wer auf seiner Freiheit ausruhen will, der hat sie nicht eine Woche lang, dann ist sie ihm auch schon wieder genommen. Wenn ihr einst frei sein werdet, Kameraden, so kann ich euch sagen, dass ihr eure Freiheit verliert am selben Tage, an dem ihr sie feiert und euch in eurer Freiheit sonnt. Glaubt nicht, dass ihr Freiheit habt, wenn ihr glaubt, sie sei euch nun durch Gesetz und Verfassung und was weiß ich durch was sonst noch alles verbrieft und versiegelt und abgestempelt für alle Ewigkeiten. Nichts ist verbrieft und besiegelt hier auf Erden, was nicht jeden Tag neu geschrieben und besiegelt wird. Traut niemals einem Führer , wer es auch sein mag , was er euch auch versprechen mag, wo er auch herkommt. Frei bleibt nur der von euch allen, der sich selbst vertraut, selbst täglich neu um seine Freiheit kämpft und seine Freiheit niemand zur Aufbewahrung gibt. Ihr alle seid frei, wenn ihr jeder frei sein wollt; und ihr alle seid Knechte, wenn ihr Knechte sein wollt und euch kommandieren lasst. Lasst euch nicht kommandieren und gehorcht niemand. Sorgt euch nicht um die Freiheit eurer Nachbarn, sorgt euch um eure eigene Freiheit zuerst. Und wenn jeder von euch frei ist, sind auch alle andern frei. <<
Dieses Zitat stammt von dem Anarchisten B. Traven. Auch wenn der Text bereits im Jahr 1936 entstanden ist, zieht sich nach wie vor der selbe Blödsinn durch diese Gesellschaft wie damals. Natürlich hat sich unsere Welt verglichen mit der damaligen von Grund auf geändert. Demokratie, neue Technologien zur Kontrolle der Bevölkerung, usw. usf. Auch der Kapitalismus zeigt heute zum Teil eine andere Fratze.
Was allerdings nicht verschwunden ist, ist der grundsätzliche Graben zwischen den Klassen. Die besitzende Klasse hat selbstverständlich andere Interessen, als die Klasse der Ausgebeuteten, die lediglich ihre Arbeitskraft zum Verkauf anbieten können, um zu überleben. Und diese besitzende Klasse benötigt Polizei, Gericht, Gefängnis, um diesen Graben weiterhin aufrecht zu erhalten. Daran hat sich wie gesagt nichts grundlegendes geändert, auch wenn die Klassengesellschaft heute verschleierter als je zuvor wirkt und die Klassen nicht mehr so eindeutig auszumachen sind. Die Zeiten einer kämpferischen ArbeiterInnenklasse sind längst vorbei. Seit längerem hat der Neoliberalismus Einzug gehalten und im Moment wird (wenn überhaupt) sehr vereinzelt und auf individueller Ebene gegen die Ausbeutung angekämpft. Ich kämpfe nicht für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen oder punktuelle Gesetzesreformen – ich will die Welt der Lohnarbeit und der Ausbeutung ganz grundsätzlich zerstört wissen. Aus diesem Standpunkt betrachtet, ist für mich völlig klar, dass Gewerkschaften und Parteien keine „Bündnispartner“ im Kampf gegen die Arbeit und den Kapitalismus darstellen. Die großen Gewerkschaften sehen sich als Bindeglied zwischen den ArbeiterInnen und den KapitalistInnen, ihnen geht es in erster Linie darum, den reibungslosen Ablauf der Arbeit zu gewährleisten und kleine Zuckerln für die ArbeiterInnen zu „erkämpfen“, damit diese nicht aufbegehren. Mit anderen Worten: Wir sollen hackln bis wir umfallen, damit nicht das System wegen uns umfällt. Gewerkschaften und auch Parteien vermitteln zwischen den grundlegenden Klasseninteressen der KapitalistInnen und der ArbeiterInnen. Sie vermitteln in einem Konflikt, in dem es nur offene Feindschaft geben kann und muss. „Die Befreiung der ArbeiterInnen muss das Werk der ArbeiterInnen selbst sein“, hat mal irgendwer gesagt. Die Gewerkschaftsfunktionäre und Parteibonzen sind damit allerdings nicht gemeint… Meines Erachtens sind alle Kämpfe, die nicht von vornherein die größtmögliche Autonomie der Beteiligten zum Ziel haben, bereits verlorene Kämpfe. Autonomie bedeutet hier für mich, dass die Initiative und Umsetzung von Aktionen von den Kämpfenden selbst kommen muss und nicht von einer Organisation oder Partei. Dass die Kämpfenden sich nicht abhängig machen (lassen) von PolitikerInnen, Förderungen, Kongressentscheidungen, … kurz: dass Kämpfe von unten geführt werden müssen und nicht von oben. Das schließt auch die Finanzierung von Aktionen und Strukturen mit ein.
Ich denke, dass sich diese wenigen grundlegenden Punkte auf alle möglichen sozialen Kämpfe umlegen und anwenden lassen, nicht nur auf die Welt der Arbeit. Wenn wir eine radikale Veränderung erleben wollen, müssen wir diese selbst herbeiführen – und zwar gegen alle Widerstände, auch gegen Gruppen, die behaupten unsere Freunde zu sein!