Das Ende des Geldes

Wir sollten feiern. Auf der Straße tanzen, während wir die letzten Geldscheine dem Feuer übergeben. Dass Ende des Geldes scheint nahe – leider nein – nur des Papier geldes…

Über kurz oder lang wird das Papiergeld abgeschafft werden. Schweden und Dänemark sind die EUVorreiterländer. Werbespots wie: „Papiergeld, das ist doch nur was für deine Oma oder den Bankräuber“, sollen ein gesellschaftliches Klima schaffen, in dem das stillschweigend akzeptiert wird. In Schweden wird gar kein neues Papiergeld mehr in Umlauf gebracht und das, das sich im Umlauf befindet immer weniger. In immer mehr schwedischen Geschäften kann gar nicht mehr bar gezahlt werden. In Italien und Spanien gibt es bereits Beschränkungen auf Beträge, die mit Papiergeld gezahlt werden dürfen: Spanien 2500€, Italien 500€. Auch in Deutschland gibt es Vorstöße. So hat die SPD kürzlich vorgeschlagen, den 500€Schein abzuschaffen. In Österreich – dem Barzahlerland – scheint das jedoch unvorstellbar, auch wenn die Registrierkasse indirekt als ein Vorstoß in diese Richtung gewertet werden muss.

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Nachdem sie einen Supermarkt geplündert haben, verbrennen Anarchisten in Thessaloniki (Griechenland) das Geld aus den Kassen.

Denn die zwei Hauptargumente für die Abschaffung des Papiergeldes sind, erstens: Transparenz und dadurch die Verhinderung von Korruption und Schwarzgeld. Was auch das Hauptargument für die Registrierkasse ist und weshalb es wenig verwundert, dass FPÖ und ÖVP Papiergeld in die österreichische Verfassung aufnehmen wollen. Zweitens wird die Abschaffung des Papiergeldes als wirtschaftsfördernd verkauft: Im Falle einer Inflation, sollen die Leute dazu bewegt werden, ihr Geld auszugeben, weil sie es nicht mehr in gedruckter Form horten können.

Ich verstehe dieses Vorhaben der Bargeldabschaffung als einen weiteren digitalen Angriff der Herrschenden, der es den Staaten ermöglichen wird, alle Geldflüsse ihrer Untertanen komplett zu überwachen. Wem leihe ich Geld, für was gebe ich Geld aus, lebe ich gesund, alles komplett gläsern. Dieses Wissen werden sowohl Staaten als auch Konzernen nutzen – von personalisierten Versicherungen zu personalisierter Werbung, für jeden etwas dabei. Wir sind Feinde der Überwachung und deshalb sind wir Feinde der Digitalisierung des Geldes. Was jedoch nicht heißt, dass wir pro Papiergeld sind – wir wollen, dass das Geld an sich aus unseren Leben verschwindet.

Aber wieso wollen wir, dass das Geld an sich verschwindet?

Jedes Herrschaftsprojekt, jeder Staat – ob Königtum oder Demokratie – muss den Verkehr seiner Untertanen normieren. Muss eine einheitliche Zeitrechnung festschreiben, muss Maßeinheiten erstellen und eine einheitliche Währung einführen. Bei der Währung werden Gegenstände mit Wert belegt, einst waren das Muscheln, heute eben bedrucktes Papier. Ich werde hier jedoch keine Geschichte des Geldes schreiben, ich werde auf einen Punkt eingehen, der für mich zentral ist.

Geld ist eine Technologie. Eine Technologie, zur Vermittlung zwischen den Interessen einzelner Individuen. Eine Technologie, die das Individuum vom unmittelbaren Akt, sein Interesse mit dem eines anderen zu konfrontieren, entfremdet: Weil es jede Handlung in die abstrakte Logik des Marktes führt. Eine Logik, in der alles in Geld gemessen wird: Die Zeit (Zeit ist Geld), unsere Beziehungen (wie viel bin ich auf dem Fleischmarkt wert), unser Leben (Mein SelbstWert = mein Konto) – alles muss bewirtschaftet sein. Geld raubt uns den Blick für den natürlichen, konkret in der Realität existierenden Reichtum, indem es uns dazu bringt alles abstrakt zu quantifizieren und auf die Ansammlung von Macht, Profit und Prestige zu konzentrieren. Das ist eine Eigendynamik der Technologie Geld – egal ob Papier, Goldbarren oder Digitales. Und ohne den Staat, ohne jene Instanzen, die das Geld mit Wert belegen, ist es eben nichts – kann man die Scheine vielleicht zum heizen verwenden und die Münzen zum Türmchen bauen, mehr aber auch nicht.

Wenn ich also als Anarchist von der Zerstörung des Staates spreche, meine ich auch immer die Zerstörung des Geldes und der Warengesellschaft. Da es in einer Welt, in der niemand mehr die Macht hat, Muscheln oder Papier mit Wert zu belegen, es logischerweise auch kein Geld mehr geben kann.