Hausbesetzung in Wien

Am 20. März wurde in der Kienmayergasse 15 im 14. Bezirk ein Haus besetzt. Die Besetzungsaktion wurde bereits einige Wochen zuvor öffentlich mittels eines Textes angekündigt, der auf verschiedenen Sprachen und verschiedenen Ebenen verteilt wurde (er wurde auch in der letzten Ausgabe der REVOLTE abgedruckt). Aus diesem Text ging klar hervor was der Zugang der BesetzerInnen zu der Aktion war. Durch die bewusste Enteignung, dem bewussten Bruch mit dem bestehenden Recht, dessen Aufgabe die Verteidigung des Privateigentums, der Grundlage der kapitalistischen Wirtschaftsweise ist, sollte ein Raum geschaffen werden um aktiv gegen die kapitalistische Stadtentwicklung vorzugehen. Nachdem dem Haus 3 Tage lang Leben eingehaucht wurde, ist es leider am 4. Tag von der Kiberei, die mit einem Großaufgebot von 150 Beamten, WEGA und Räumpanzer inklusive, im Einsatz war, geräumt worden. Zu ihrer Überraschung befanden sich zum Zeitpunkt der Räumung keine Personen im Haus, was allerdings nicht bedeutet, dass der Forderung des Eigentümers nachgekommen wurde das Haus zu verlassen. Was die BesetzerInnen von den Gesprächsversuchen des Eigentümers hielten, der in Begleitung von Zivilpolizisten zum Haus kam, wurde ihm unmissverständlich durch das Werfen von Eiern demonstriert.

„Solidarität und Widerstand gegen Stadt der Reichen“ stand auf einem am Haus aufgehängten Transparent. Eine Parole die sich kämpferisch gegen die Aufwertung und damit verbundene Verdrängung im Grätzel richtet, ein Prozess der hier nicht zu übersehen ist. An allen Ecken wird gebaut, renoviert und einige Häuser werden augenscheinlich durch die Eigentümer gerade „entmietet“. Dies ist auch bei dem an das besetze Haus angrenzenden Haus der Fall. Wie das besetzte Haus und das daran angrenzende ebenfalls leerstehende Haus gehört auch dieses Haus „Vestwerk“, einer Immobilienfirma, die als Paradebeispiel für eine Aufwertungsfirma herhalten

kann. Sie kaufen alte Häuser an, die sie herunterwirtschaften und verfallen lassen, kündigen den verbleibenden MieterInnen die Verträge oder versuchen sie unter Druck zu setzten um sie so zum Auszug zu bewegen. Dabei wird versucht den verbleibenden MieterInnen das Wohnen in den Häusern so ungemütlich wie möglich zu machen, oft dadurch das Schäden an den Gebäuden nicht mehr repariert werden und so die Lebensqualität in diesen Objekten massiv eingeschränkt wird. So berichten auch die verbliebenen MieterInnen des Nachbarhauses darüber dass Wasserschäden einfach nicht mehr repariert werden. Diese Firmen sind ein unmissverständlicher Ausdruck der kapitalistischen Wirtschaftsweise, in der es gilt möglichst viel Profit zu erwirtschaften auch wenn dabei die Würde des Menschen mit Füßen getreten wird. Ist es einmal gelungen die MieterInnen loszuwerden werden die Gebäude luxussaniert oder abgerissen und Neubauten errichtet. Bei dieser Praxis wird kein Hehl daraus gemacht für wen die neuen Wohnhäuser dann erschwinglich sein sollen und dies sind bestimmt nicht die Menschen die zuvor in diesen Häuser lebten. Das ist auch beim Haus in der Kienmayergasse 15 und den angrenzenden Häusern geplant. Sie sollen abgerissen werden und dem „Schützhof“ genannten Luxusprojekt der Firma Vestwerk weichen. Dort sollen teure Wohnungen für die gehobenen Schichten errichtet werden, Ateliers im Erdgeschoss geschaffen werden, die geldige Kulturinteressierte anziehen sollen, etc. kurz die Eigentümer planen die aktive Umgestaltung der Stadtteile und zwar dem Prinzip folgend, dass aus zahlungskräftigem Klientel natürlich mehr Profit zu schlagen ist. Diejenigen für die die rasant steigenden Mietpreise nicht mehr bezahlbar sind müssen weichen und werden immer weiter an den Rand gedrängt.

Auch wenn es nicht gelang die Besetzung längerfristig aufrechtzuerhalten, so kam es doch zu vielen positiven Rückmeldungen durch die BewohnerInnen des Grätzels, in dem die Auswirkungen der kapitalistischen Stadtentwicklung nicht zu übersehen sind. Dies ist eine soziale Basis für Aktionen an die angeknüpft werden kann, denn den Projekten der Eigentümer kann nur dann effektiv entgegengetreten werden wenn sich selbstorganisierte Kämpfe verbreiten, ausweiten und vor Ort verankern.