Die Enteignung der Ausbeuterklasse, die radikale Überwindung des Eigentums, der Grundlage der kapitalistischen Ausbeutung war stets das Ziel revolutionärer Bewegungen. Uneinig war man sich natürlich in der Frage der Verwaltung des durch den Prozess revolutionärer Gewalt erlangten Schätze der Erde. Hier treten geschichtlich betrachtet, wie auch in anderen grundlegenden Fragen, die unterschiedlichen Nuancen der revolutionären Arbeiterbewegung hervor , die Widersprüche der verschiedenen Tendenzen und Strömungen, die Richtungskämpfe und die Ausdifferenzierungen der Positionen. Es kommt grob heruntergebrochen zum Bruch zweier Tendenzen. Zum einen der autoritären Strömung, mit all ihren Parteien, Kaderorganisation, streng hierarchisierten Beziehungen, Avantgardeansprüchen, deren Ziel eine politische Revolution, dass heißt die Erringung der Staatsmacht ist, die sie vorgibt im Interesse des Proletariats zu verwalten, was sich in der Praxis in der Frage des Eigentums in dem Sinne ausdrückt, dass das Privateigentum in Staatseigentum übergeht und andererseits der antiautoritären Strömung, die dem Etatismus der Autoritären, ihrer Analyse folgend, dass der Staat kein Mittel zur Befreiung, kein Ausdruck der In
teressen des Proletariats darstellen kann, da jegliche politische Macht, jegliche hierarchisierte Verwaltungsform der freien Entfaltung der Interessen und Bedürfnisse der Menschen entgegensteht, die soziale Revolution, die unmittelbare Zerschlagung jeglicher Form des Staates und des Eigentums durch die direkte Enteignung durch die Arbeiter und die Selbstverwaltung der Produktion entgegensetzten. Ich möchte mich hier nicht zum wiederholten Male an der Kritik der autoritären Revolutionäre abarbeiten, denn dies wurde bereits oft genug getan und die Geschichte der revolutionären Bewegungen zeigt denke ich offensichtlich, dass der Weg den sie beschreiten in der Konsequenz keine Abschaffung der Ausbeutung und um ironischerweise Karl Marx, den Urvater der autoritären Strömungen zu zitieren, deren erklärte Feinde wir als Anarchisten sind, nicht dazu führen kann „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“
Die soziale Revolution die wir als Antiautoritäre anstreben, muss also um jegliche Führung, jegliche Herausbildung einer neuen Herrscherklasse zu verhindern, Frucht der Selbstorganisierung der
Ausgebeuteten, der individuellen Initiative und der freien Vereinigung der Individuen sein mit dem Ziel die größtmögliche individuelle Autonomie zu erringen, was die wilde Enteignung der Kapitalistenklasse, die Aneignung der Mittel, die es jedem und jeder ermöglicht ihr Leben ihrem eigenen Willen folgend und den eigenen Bedürfnissen und Wünschen entsprechend zu gestalten, die gewaltsame Zerschlagung jeglicher autoritären Verwaltungsstruktur , des Staates mit all seinen Institutionen deren Ziel die Aufrechterhaltung der bestehenden Ordnung ist, voraussetzt. Ich denke weder , dass es möglich ist, die Formen des Lebens, die solch eine Revolution gebären könnte zu prophezeien, noch denke ich dass wir unsere Zeit und Energie auf Gedanken-spielereien verwenden sollten deren Ziel die Erschaffung eines Modells, einer Schablone ist, die es umzusetzen gilt, sondern ich denke dass wir mit einer klaren antiautoritären Ethik in unseren Kämpfen voranschreiten sollten und im Zuge der Kämpfe die Bedingungen und Möglichkeiten eines anderen Lebens schaffen. Dies ist soll keine Absage an die Träume und Vorstellungen von einer anderen Welt sein, die uns Revolutionäre oft vor der Resignation bewahren, sondern daran diese Wünsche und Begierden in die Utopie zu verbannen, sie nicht im Hier und Jetzt in der Spannung gegen das Bestehende zu erproben und zu entwickeln.
Doch ich möchte hier auf die Frage der Selbstverwaltung der durch Enteignung erlangten Produktionsmittel zurückkommen. Können diese auf dem ihrem aktuellen Stand im Einklang mit unseren antiautoritären Ideen schlicht übernommen und selbstverwaltet werden? Können wir uns der durch das Kapital geschaffenen Technologien bedienen?
Seit Jahrhunderten wurde die Welt durch das Kapital kolonisiert, es drang in jeden Bereich des Lebens ein und formte die Welt nach seinen Bedürfnissen, es schuf Strukturen und Produktionsformen, Gerätschaften und Technologien die ein Ausdruck dieser Produktionsweise sind und in ihrem Sinne erschaffen wurden, nicht nach den Bedürfnissen und Wünschen der Ausgebeuteten. Ihr Zweck war und ist es aus den Lohnarbeitern den größtmöglichen Mehrwert herauszupressen. Der technische Fortschritt steht unübersehbar unter dem Paradigma des Kapitals, er ist auch wenn dies oft so dargestellt wird weder neutral, noch eine positive Entwicklung in Richtung Befreiung, wie es die Jünger der Heilslehre des marxistischen Historizismus gerne präsentieren. Die durch den kapitalistisch-technologischen Fortschritt geschaffenen Technologien dienen in erster Linie der Optimierung der Ausbeutung und der Kontrolle des Produktionsablaufs, diese Optimierung der Produktion, der weiteren Degradierung der Arbeiter zu einem Rädchen im System, zum schlichten Anhängsel der Maschine, deren praktische Fertigkeiten und Kenntnisse in der sich immer mehr zersplitternden kapitalistischen Produktionsweise sukzessive zerstört wurden. So kam es zur Entwicklung eines technokratischen Expertentums ohne das dieser Prozess gar nicht möglich gewesen wäre, denn jenes Wissen dass bei den Produzenten fortschreitend zerstört wurde akkumulierte sich in den Händen von Wissenschaftlern und der Forschungsinstitutionen, die im Dienste von Kapital und Staat konstant neue technologische Innovationen herausschleudern um Wirtschaftswachstum zu gewährleisten und auf die Aufrechterhaltung der Herrschaft der aktuellen Lage im sozialen Krieg entsprechend mit neuen Mitteln der Kontrolle und Befriedung auszustatten. Durch die Optimierung der Produktion kam es auch zur Entwicklung der Massenkultur aus der die technologischen Instrumente nicht wegzudenken sind, sie hielten Einzug in den Alltag der Menschen und werden heutzutage kaum noch hinterfragt, geschweige denn auf die Funktion hin die sie bei der Aufrechterhaltung der Herrschaft spielen analysiert. Heute ist unser Leben durchdrungen von Technologien, die sich unserem Verständnis gänzlich entziehen, deren Funktionen unter dem Versprechen unser Leben einfacher zu machen unsere sozialen, körperlichen und geistigen Fähigkeiten immer mehr verkümmern zu lassen. Zweifellos vereinfachen diese Technologien unser Leben, doch diese Vereinfachung bedeutet schlicht eine weitere Vertiefung der Herrschaft, die durch die Technologie jeden Bereich des Lebens in von ihr vorbestimmte Bahnen lenkt, unser Leben Strukturen ausliefert, die die Vorstellung eines selbstbestimmten Lebens in Freiheit immer weiter zu erdrücken drohen. Die Masse scheint diese Vereinfachung zu begrüßen, erscheinen doch die einfachen, bequemlichen, vorgegebenen Wege stets jene zu sein, die sie in Zeiten der Ohnmacht und Entfremdung beschreitet. Für uns Anarchisten gilt es diese Pfade zu verlassen über die uns die Technokraten treiben wollen und mit Entschlossenheit und Mut, nicht nur zur Analyse der unterschiedlichen Instrumente der Herrschaft, sondern auch unseren Analysen folgend zum zerstörerischen Angriff auf diese überzugehen. Denn dem Machtgefälle, dass den technologischen Entwicklungen innewohnt ist mit einer schlichten Aneignung nicht beizukommen, da es diesen eben wie beschrieben inhärent ist und die Spezialisierung die für ihre Herstellung erforderlich ist, stets zur Herausbildung einer technokratischen Herrschaft führen muss. Dies führt mich zu der Erkenntnis, dass der Weg um die Produktion in den Dienst der menschlichen Bedürfnisse zu stellen und ein selbstorganisiertes Leben jenseits von Hierarchie und Ausbeutung zu ermöglichen, nur ein Weg der radikalen, nachhaltigen Zerstörung sämtlicher Strukturen denen die Logik der Herrschaft innewohnt und damit auch ihrer technologischen Instrumente, die der Autonomie und der freien Entfaltung der Individuen im Wege stehen sein kann.