Es gibt eine Sache, die über allen Dingen zu stehen scheint. Ihr opfert der Mensch alle ethischen Überlegungen, alle Praktiken der Solidarität und gegenseitigen Hilfe.
Diese Sache bestimmt alle Formen unseres Seins: Die Rede ist vom Eigentum. Wir könnten hier lange davon philosophieren und Analysen anstellen, was denn nun das Eigentum ist, welchen autoritären und produktiven Implikationen es unterliegt und wie wir als AnarchistInnen damit in Konflikt stehen. Aber dieses Vorhaben müssen wir auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Hier wollen wir lediglich ein paar Worte darüber verlieren, wie das, was gemeinhin als ‘Eigentum’ betrachtet wird, aktuell im Dienste der Autorität verteidigt wird. Vorallem dann, wenn jemand die geregelten Bahnen der Produktivität und Disziplin verlassen will. Oder wenn der Staat und die Wirtschaft ihren Anspruch auf 100%ige Herrschaft in Gefahr sehen. Aber auch dann, wenn die ProduzentInnen ihre ‘erarbeiteten’ Privilegien in Gefahr sehen.
Wahrheit und Gesetz
Die auf Papier geschissenen oder in der Glotze wiederholten Wahnvorstellungen irgendwelcher JournalistInnen gelten dem Österreicher heute als Wahrheit. So wie diese Funktion früher die Kirche erfüllt hat, wird diese Propaganda heute von Medien und PolitikerInnen in einer sich ständig wiederholenden Folge abgespult. Und dann hören wir den depperten Österreicher auch schon schreien: „Des is a Frechheit… Wos soi des… Die neman uns de Oaweit weg… Des is unsa Göd… Do lossns olle eine… Do miassat amoi wieda ana auframa… Da Hitla keat wieda her…“ und so weiter und so fort… Den Rest kennen wir aus dem Lauf der Geschichte…
„Glaubst, der Sackbauer Mundl lasst sich am Schädl scheißen und sagt noch dankeschön?“ Mundl (Ein echter Wiener geht nich unter)
Ja, genau das tut er. Er lässt sich wortwörtlich auf den Schädel scheißen, solange es nur die ‘eigenen’ Leute machen. Und von denen auch nur jene, die etwas zu sagen haben. Damit sollten wir die Medaille für den größten Kriecher, den größten Knecht der Geschichte an die ‘österreichische Seele’ verleihen. Das ewige Opfer! Er lässt in seiner Kriecherei vom Chef im Betrieb, von BetreuerInnen am AMS und Sozialamt, vom Bullen auf der Straße, von PolitikerInnen im Licht des Scheinwerfers, von der Journallie und von 1000 anderen Autoritätspersonen jede Demütigung über sich ergehen und jede Lüge verkaufen, die es nur gibt. Und so lebt der depperte Österreicher sein Leben ohne jede Verbindung zu einer breiteren Realität und ohne G’spür für die Grenzen der Freiheit.
Doch wehe die Privilegien, die von Politik und Unternehmern gewährt werden, sind in Gefahr. Dann hetzt er dir alles auf den Hals, was ihm als Bürger dieser perfiden Ordnung zur Verfügung steht. Er denunziert dich bei den Bullen und dem Richter, er schwärzt dich beim Chef an, er wählt mit seiner Stimme jedes Arschloch, das ihm verspricht, die Sache für ihn in die Hand zu nehmen, mit welchen Mitteln auch immer. Dann sind die Schuldigen schnell gefunden. Und da es in diesem Land noch nie zur Debatte stand die Autorität in Frage zu stellen, versucht man es auf jene zu schieben, die am leichtesten zu treffen sind. Der Österreicher führt nämlich nur dann einen Kampf, wenn er auf der sicheren Seite steht. Alles andere wäre viel zu gefährlich. Er zeigt Stärke im Aufrechterhalten der bestehenden Ordnung und ist schnell auf der Seite der Stärkeren wenn diese am Horizont erscheinen. Doch er ist feige, wenn es darum geht, sich gegen die Autorität zu stellen und einen Standpunkt zu beziehen, der aus eigenen Reflektionen als kämpfendes, unabhängiges Individuum entsteht.
„Siechst, wie guat, dass ich mein sicheren Posten beim Konsum hab, weil fressen werden die Leut’ immer.“ Karli (Ein Echter Wiener geht nicht unter)
Fantasie und Realität
Der aktuelle Rassismus entsteht vor allem aus einer Angst ums Eigentum. Doch was ist das Eigentum, das die österreichischen StaatsbürgerInnen in den letzten 60 Jahren angereichert haben? Ist es das Eigentum, das aus ihrer Arbeit resultiert? Nein, es ist in erster Linie das Eigentum des Unternehmers, der sich mit der Hilfe des Arbeiters im Namen der ‘Sozialpartnerschaft’ ein schönes Leben macht.
Jene Privilegien und jener Reichtum sind lediglich Zugeständnisse. Sie sind das Instrument einer Regierungsform, die in Österreich Jahrzehnte lang Anwendung fand. Und die langsam aber sicher zu bröckeln scheint. Die Zeiten der sozialen Befriedung sind genauso vorbei, wie die Beteiligung des Volkes am erwirtschafteten Reichtum des Kapitals. Die Wirtschaft gehört nicht zu den Verlierern, sie verdient genauso weiter wie zuvor. Ihr Profit bleibt ungebrochen! Das, was die meisten Eigentum nennen, ist lediglich eine juristische Fiktion. Eine Definition der kapitalistischen Verwaltung, die nichts anderes ist als eine Möglichkeit mittels einer rechtlichen Doktrin die Individuen von der Selbstorganisierung zu trennen. Der Staat bindet einen Teil seiner Logik an das Individuum. Einen Arbeitsplatz und einen Lohn, mit diesem bezahlt das Individuum die Waren, die es selbst innerhalb der kapitalistischen Ordnung produziert. Dieser Kreislauf des Schuftens und Konsumierens wird von vielen als Freiheit und Unabhängigkeit betrachtet. Und die Waren, die mit den Almosen seiner Schufterei erworben werden, werden als Eigentum verteidigt. Und das bis aufs Blut. Gegen den Fremden, den Arbeitslosen, die Sozialschmarotzerinnen, gegen den Dieb, der sich einfach nimmt was er zum Leben braucht, gegen die Revolutionäre und AnarchistInnen, die die Eigentumsverhältnisse zerstören wollen.
Revolte
Wir wissen, dass uns eigentlich nichts gehört. Jeder Quadratmeter unserer Umgebung, unserer Umwelt gehört irgendjemanden. Ist irgendjemandes Privateigentum und wenn das nicht der Fall ist, so gehört es dem Staat. Die Eigentumsverhältnisse sind ein zentrales Element des kapitalistischen Staates. Die Medien, die Bullen, die Politik, sie alle bestehen auf diese Verhältnisse, weil sie wissen, dass wenn das Eigentum nicht mehr respektiert wird, wenn das Eigentum fällt, dann werden auch sie fallen. Deshalb verteidigen sie diese Ordnung und die Wirtschaft auf Biegen und Brechen. Wenn wir uns nur einen Moment umsehen und uns unsere Umgebung ansehen, die Zwänge, in denen wir leben und die Dynamik, die wir jeden Tag reproduzieren, dann werden wir zu einer Erkenntnis kommen, die die Medien und die Politik versucht stets von uns fern zu halten. Nämlich dass wir die Autorität nicht brauchen, dass die Logik des Eigentums zerstört werden muss, weil sie selbst das Problem darstellt, denn sie ist nur für die Privilegierten da. Aber die Welt gehört uns allen, sie kann nicht das Eigentum von wenigen sein, die dafür bezahlen können. Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht…