Wer ist hier kriminell?

Immer wieder kommt es vor , dass wenn der Staat sein Gewaltmonopol gegen aufrührerische Aktivitäten exerziert, eine Diskussion entsteht, die darin endet, dass wir doch dankbar sein sollen, dafür dass der Staat sich um uns kümmert. Dass die Errungenschaften der Demokratie nicht überall selbstverständlich sind. Denn über der Demokratie steht nichts! In diesem Sinne ist die ‚westliche‘ Demokratie ein totalitäres System. Denn sie ist das Maß aller Dinge. Protest ja, aber nur friedlich und im Rahmen der staatlichen Vorgabe. Veränderung nur innerhalb des demokratischen Kontextes. Wer das Eigentum angreift und das Gewaltmonopol des Staates herausfordert muss gestört und kriminell sein. Denn der Mensch an sich ist schlecht, wenn es den Staat nicht gäbe würden wir uns gegenseitig umbringen. Und überhaupt, wer würde unser Eigentum schützen, wenn es den Staat und damit die Polizei nicht gäbe. Zu dieser Erkenntnis sind nicht nur viele Bürger Hamburgs während der Proteste gegen den G20 Gipfel gekommen, sondern auch viele die sich meist, wie das halt mittlerweile so ist, in Rahmen von sozialen Medien an der Diskussion beteiligt haben. Gut aufgeklärt durch den Dreck den Medien verbreiten, wird Vergeltung gefordert.

Ein paar Worte zu den Geschehnissen in Hamburg

Von 7. – 8. Juli 2017 hat das Treffen der G20 in Hamburg stattgefunden. Die Staatschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer kommen hier informell zusammen. Darunter Kreaturen wie Erdogan, Putin, Trump und Merkel. Der größte Teil der Debatten und Verhandlungen findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Angesichts der aktuellen Verhältnisse rund um die Welt, muss ich hier wohl keine weiteren Gründe anführen, warum man gegen dieses Treffen auf die Straße geht. Über einige Tage hindurch wurden Demonstrationen, Kundgebungen und verschiedene andere Aktionen angekündigt. Nicht zuletzt durch das Verbot und die gewaltsame Auflösung der ersten großen autonomen Demonstrationen am 6. Juli, unter dem Motto ‚Welcome to Hell‘, kam es zu einer Reihe von Auseinandersetzungen. Darunter diverse Angriffe auf die Bullen und ihre Infrastruktur , Plünderungen, Abfackeln von Autos, brennende Barrikaden, usw . An dieser Stelle soll aber auch nicht verschwiegen werden, dass es bereits in den letzten Monaten vermehrt Angriffe auf staatliche Infrastrukturen gegeben hat, die als Unterstützer bzw . Profiteure des G20-Treffens identifizierbar sind.

Während in den Medien überall von Gewalt gesprochen wird und sich alle über ein paar abgefackelte Autos die Augen ausweinen, wird ein anderer Punkt vernachlässigt, oder ganz unter den Teppich gekehrt. Nämlich, dass die Proteste gegen den G20 ein perfektes Terrain für jene Manöver waren, die man im Falle eines Aufstandes in einem urbanen Raum, dringend trainieren muss. Die Bullen hatten hier eine Realsituation um die Aufstandsbekämpfung im städtischen Raum zu proben. Das ist es worum es in Hamburg für den Staat in erster Linie ging.

Öffentlich und medial werden die Ereignisse von deutschen Politikern ausgeschlachtet um nach noch mehr Kontrolle zu schreien. Strengere Gesetze gegen sogenannte Extremisten und die Räumung von ‚rechtsfreien‘ Räumen, wie der Roten Flora in Hamburg oder Rigaer Straße in Berlin, werden gefordert. In Österreich hat Innenminister Sobotka die Gunst der Stunde genutzt und die Verschärfung des Versammlungsrechts vorgeschlagen.

Im Hintergrund

Seit der österreichische Staat den Kampf gegen die sogenannte ‚Flüchtlingskrise‘ proklamiert hat, haben sich auch vermehrt staatliche Überlegungen über neue Gesetze breit gemacht, beispielsweise erweiterte Befugnisse für Polizei und Militär , Vorkehrungen zu Aufstandsbekämpfung, juristische Grundlagen zur Ausnahmegesetzgebung, Vorkehrungen bei Unruhen und Katastrophenvorsorge, und so weiter und so fort. Auch wenn einige dieser Vorhaben nicht realisiert, sondern lediglich diskutiert wurden, so haben wir doch einen guten Eindruck davon bekommen, wohin die Reise gehen soll.

Selbstverständlich geht Österreich hier keinen Sonderweg. Militarisierung, Aufrüstung der Polizei, repressivere Gesetze und Verbote, Überwachung und Kommunikationskontrolle folgen einem gesamteuropäischen Trend, wenn nicht einer globalen Logik zur Verteidigung von Kapital- und Herrschaftsinteressen in unsicheren Zeiten. Und unsichere Zeiten befürchten vor allem die kapitalistischen Ausbeuter . Also diejenigen die von der Misere des großen Teils der Menschheit profitieren. Aber in immer größeren Maße auch jene, die in den letzten Jahrzehnten davon geträumt haben, dass sich, aus welchen absurden Gründen auch immer , ihr Wohlstand immer weiter vermehren wird. Und dass es alleine von der eigenen Leistung abhängig ist, ob man ein gutes Leben hat oder nicht. Fehlanzeige! Wer an diesen verlogenen Scheißdreck immer noch glaubt ist entweder ein unverbesserlicher Volltrottel oder ein besonders präpotentes Arschloch.

Die Umstrukturierungen des kapitalistischen Systems produzieren Armut und Isolation. Die Zahl derjenigen, die am gesellschaftlichen Reichtum der überall propagiert und uns unter die Nase gerieben wird, nicht mehr teilnehmen können wächst immer stärker an. Und da ist es scheißegal wie viel du schuftest, du wirst dir den vorgegebenen Luxus nicht leisten können. Dabei ist es genau das, was in unserer Gesellschaft für erstrebenswert gehalten wird: Konsum.

Die Reformierung des Sicherheitspolizeigesetzes hat in Österreich den Bullen, Staatsanwälten und Verfassungsschutz bereits weitgehende Befugnisse zur Überwachung von politisch unliebsamen Gruppen und Individuen in die Hände gelegt. Der nächste Streich wurde vor kurzem dem Nationalrat zur Begutachtung vorgelegt. Es handelt sich um eine Erweiterung der Überwachung und Kontrolle, unter anderm von sogenannten sozialen Medien wie Whats app und Skype. Verkauft wird uns dieser Zugriff auf diese, für viele Personen auch, alltäglichen Kommunikationsmedien, als Absicherung gegen Terror und islamistische Attentäter . Das alte Argument wird ein weiteres Mal strapaziert um diese Methoden aber gegen uns alle anzuwenden. Denn es wird immer klarer dass diese Gesetze die kapitalistische Ausbeutung absichern sollen, um sich gegen Krawalle und Unruhen zu wappnen. Jedem, der von den Medien noch nicht vollkommen verblödet ist, sollte klar sein, dass der Vorwand die zur Einführung eines Gesetzes führt und der Rahmen in dem es schließlich eingesetzt wird eigentlich nie identisch sind.

Danke für nichts!

Ohne dass ich hier eine Diskussion darüber anfangen will, in wie weit verschiedene vom Staat als Verbrechen oder Kriminalität definierte Akte als subversiv und begrüßenswert zu werten sind, oder dass auch der Begriff des Verbrechens in tausendfacher Hinsicht positive Aspekte hat. Ich will hier eine einfache Frage stellen: Wer sind die wirklichen Kriminellen?

Ich wurde noch nie von einem der durch die Medien spukenden Kriminellen überfallen, es gibt bei mir auch nicht so viel zu holen, denn einen beträchtlichen Teil von der Kohle, die ich in meiner Lohnarbeit verdiene bekomme ich sowieso nicht zu Gesicht. Einen immensen Teil des Werts, den ich mit der Herstellung eines Produktes, oder dem Verkauf einer Dienstleistung erzeuge, werde ich niemals erhalten. Jeden Scheissdreck den ich kaufe, um in der kapitalistischen Gesellschaft zu überleben, jede Unterkunft die ich bezahlen muss, um ein Dach über dem Kopf zu haben, bedeutet Ausbeutung. Auf jeden Fall werde ich täglich betrogen. Ich werde jeden Tag ausgeraubt von den Profiteuren der kapitalistischen Ordnung und das vollkommen legal, denn dieser Diebstahl ist gesetzlich abgesichert. Wer sind also die Kriminellen die in wirklich großem Maßstab sich als Vertreter des Staates und der Wirtschaft selbst bereichern?

Das bereits erwähnte ‚Sicherheitspaket‘ das zur Begutachtung vorliegt, beinhaltet Änderungen bezüglich dem Einsatz von staatlicher Spionagesoftware (ein sogenannter Bundestrojaner), Netzsperren, Verstärkte Videoüberwachung (in der Öffentlichkeit), IMSI-Catcher , Lauschangriffe im Auto, Überwachung im Straßenverkehr , Vorratsdatenspeicherung, Registrierung für Mobiltelefonwertkarten, dem Einsatz des Bundesheeres im Inneren, Einschränkungen des Versammlungsrechts, sowie die Anwendung des ‚Staatsfeindeparagraphen‘ (ein Organisationsparagraph dessen Reformierung seit einiger Zeit im Gespräch ist).

Es gibt Verantwortliche für diesen ganzen Scheissdreck! Sie heißen Wolfgang Sobotka, Sebastian Kurz, Wolfgang Brandstetter oder Hans Peter Doskozil. Wenn ihr mich fragt sind nicht diejenigen kriminell, die von den Medien verteufelt werden weil sie Autos anzünden, Banken überfallen, sich auf Demonstrationen mit den Bullen prügeln oder wegen Eigentumsdelikten im Knast sitzen, sondern diejenigen die versuchen solche Gesetze einzuführen. Und jede Art von Panik und Angst zu kanalisieren um die Autorität des Staates noch mehr zu stärken.

Und während ihr euch das Maul über ein paar ausgebrannte Autos zerreißt, scheißen sie euch jeden Tag auf den Schädel und ihr sagt auch noch ‚Danke‘!

Für eine vielfältige und subversive Praxis gegen die politische Klasse! Wir danken euch für nichts und verlangen alles!