Einführung in eine antiautoritäre Methode
Der folgende Text ist eine kurze Darstellung eines Handlungs- und Organisationskonzeptes, wie es seit langer Zeit in anarchistischen Zusammenhängen praktiziert wird. Aber nicht nur AnarchistInnen haben sich auf die folgende Art und Weise zusammengeschlossen. Viele Kämpfe die in der Vergangenheit von Gefangenen, FabrikarbeiterInnen, Studierenden, Arbeitslosen, Freundeskreisen in Schule, Betrieb, Park, und vielen anderen geführt wurden, haben sich auf ähnliche Weise organisiert. So finden sich die hier angeführten Punkte in diversen Kämpfen, die sich der Vereinnahmung durch Politik, Parteien und Anführer entzogen haben und damit auf einen Bruch mit der vorgegebenen Logik der Machtübernahme zubewegt haben. Heute sehen wir uns mit einer Realität konfrontiert, die über solche Handlungsansätze nicht mehr verfügt. Die meisten ‚Kämpfe‘ von Ausgebeuteten spielen sich auf einem Niveau der Politik, der Rekuperation und des Reformismus ab. Das zerstörerische Potenzial der Vergangenheit ist durch die Anpassung an demokratische Normen und gesellschaftliche Etikette verloren gegangen. Wir sehen aber den selbstorganisierten, subversiven Kampf von Kleingruppen immer noch als die direkteste, ehrlichste und effektivste Handlungsoption die uns als Ausgebeutete zur Verfügung steht um gegen die Autorität zu kämpfen. Aus diesem Grund wollen wir diese Methoden hier einer breiteren Öffentlichkeit ans Herz legen, um im täglichen Leben seine Handlungsmöglichkeiten zu erweitern.
Der Großteil der Menschen ist in der einen oder anderen Form in einer untergeordneten Position der Autorität gegenüber. Als Lohnabhängiger, als Arbeitslose, als Migrant, als Frau, als Kind, als Mieterin, etc. Die meisten von uns werden ausgebeutet und verbringen ihr Leben damit sich an gewisse Regeln zu halten, die sie nicht für sich selbst aufgestellt, sondern die sie von jemand anderen auferlegt bekommen haben. In dieser Position gibt es, wenn wir das ganze grob betrachten, 3 Möglichkeiten. Die erste ist, dass ich mir das alles gefallen lasse. Ich akzeptiere die mir zugeteilte Rolle und gebe mich mit dem zufrieden was mir andere übrig lassen. Die zweite Möglichkeit ist, dass ich versuche selbst an eine Machtposition zu gelangen. Entweder ich finde Menschen die in der Hierarchie noch weiter unter mir stehen und trete auf diese hinunter, oder ich versuche alleine oder zusammen mit anderen an die Macht zu kommen um selbst zum Ausbeuter zu werden. Die dritte Möglichkeit ist, dass ich rebelliere und mich verweigere. Wenn ich gewisse ethische Vorstellungen habe, dann gibt es nur einen Weg den ich wählen kann, und das ist die Rebellion. Und da ich selbst nicht die Macht ausüben will, weil ich die Erfahrung gemacht habe wie es ist in der Hierarchie unten zu stehen und mich aber auch mit meiner zugewiesenen Rolle nicht mehr zufrieden geben will, kann ich nur versuchen mich gegen den Kreislauf zu wenden und versuchen diesen zu sabotieren und zu zerstören.
Subversiv und Antiautoritär
Warum benutzen wir die Begriffe ’subversiv‘ und ‚antiautoritär‘?
Unter Subversion verstehen wir Tätigkeiten die die bestehende Ordnung in Frage stellen und an einem Bruch mit dieser Ordnung arbeiten, um diese ins Schwanken zu bringen. Als Anarchisten sehen wir in den bestehenden Verhältnissen nichts anderes als eine Struktur, die die Unterdrückung, Ausbeutung und Manipulation in all ihren Ausformungen repräsentiert. Es macht für uns keinen Sinn auch nur einen Teil davon reformieren zu wollen. Deshalb sind wir der Meinung, dass das Maximum an Freiheit nur durch die Beseitigung der bestehenden Herrschaftsverhältnisse erreicht werden kann.
Einen antiautoritären Kampf wollen wir deshalb führen weil es uns nicht um das Erringen irgendeiner Form von Macht geht, sondern um die Aufhebung dieser. Denn nur dann können wir uns als gleichberechtigte Menschen auf derselben Ebene begegnen. Macht korrumpiert immer diejenigen, die über sie verfügen, darum wollen wir auch nicht von anderen angeführt werden, noch wollen wir andere anführen, sondern uns als gleichberechtigte KameradInnen zusammenschließen. So spiegelt sich unsere Vorstellung von einem befreiten Leben auch in der Art und Weise wieder wie wir uns organisieren wollen.
Selbstverwaltung
Wenn ich also zusammen mit anderen Ausgebeuteten etwas gegen einen bestimmten Aspekt der Autorität unternehmen will, so brauchen wir eine Grundlage auf der wir handlungsfähig sind. Ich habe mich entschieden den hier dargestellten Organisationsansatz als ’subversive Kleingruppe‘ zu benennen. Also eine überschaubare Zahl von MitstreiterInnen, denen ich vertraue und mit denen ich gemeinsame Ziele teile. Und mit denen ich eine Vorstellung darüber teile wie wir diese erreichen wollen. Das heißt ich muss meine Mitstreiter kennen, muss mich mit ihnen und ihren Ideen auseinandersetzen und mit ihnen darüber diskutieren. Große Organisationsstrukturen bergen immer auch das Risiko der Trägheit und Unbeweglichkeit und damit die Tendenz wichtige Entscheidungen an Führungspersonen abzugeben. Deshalb denke ich, ist es für einen antiautoritären Kampf sehr viel zuträglicher wenn wir uns auf eine kleine Zahl von Beteiligten konzentrieren. Denn zentrale Elemente sollten die Selbstverwaltung und Autonomie sein. Selbstverwaltung deshalb, damit Entscheidungsfindungen ohne Anführer und Hierarchien stattfinden können, was sehr viel leichter und flexibler in kleineren Zusammenschlüssen funktioniert.
Autonomie
Die Autonomie oder Unabhängigkeit ist für die Selbstbestimmung der Aktivitäten wichtig, damit es keine Abhängigkeit von anderen gibt und wir innerhalb unserer Zusammenschlüsse Entscheidungen frei treffen können. Wenn wir einen Kampf gegen einen bestimmten Aspekt der Herrschaft führen, sei es ein Kampf gegen die Räumung unserer Wohnungen, gegen einen widerwärtigen Boss, gegen ein Bauprojekt, das einen Teil unseres Lebensraumes zerstört, etc. müssen wir in unserem Kampf unabhängig bleiben. Denn sehr schnell werden die üblichen Verdächtigen wie Bürokraten, Mediatoren, Politiker und dergleichen angekrochen kommen und versuchen den Kampf abzuschwächen und in eine bestimmte Richtung zu lenken, damit er sich entweder in eine legitime und damit nicht mehr effektive Form des Protests einordnet oder abgebrochen wird. Autonomie bedeutet also, wir kämpfen für unsere eigene Sache. Das kann natürlich in Kooperation mit anderen passieren, aber niemals in Abhängigkeit von anderen.
Konfliktbereitschaft
Für uns ist der subversive und antiautoritäre Kampf auch immer ein aufständischer. Wir orientieren uns in diese Richtung weil wir denken, dass die Auflehnung bei jeder sich bietenden Gelegenheit durch spontane Revolten und Aufstände erprobt werden muss. Deshalb müssen wir auf Konfliktsituationen vorbereitet sein. Sich nichts gefallen zu lassen und sich auch nicht zu verbiegen sind wichtige Eigenschaften die wir uns aneignen müssen, damit wir im gegebenen Falle nicht an einer Konfrontation zerbrechen. Wenn wir uns entscheiden gegen eine Autorität selbst etwas zu unternehmen, so wird es unterschiedliche Versuche geben uns davon abzuhalten. Auf diese Provokationen, Vereinnahmungen und Angriffe müssen wir antworten. Wir müssen diese Aktivitäten benennen, darüber aufklären, sich damit konfrontieren und angreifen!