„Ihre Welt aus Ordnung, die ist mir zu steril
und ihre Freiheit ist wie Stacheldraht…“ Toxoplasma (Punkband, 80er Jahre)
Der Begriff ‚Freiheit‘ wird heute mit allen möglichen und unmöglichen Inhalten befüllt. Politik und Medien haben sich diesem Begriff auf sehr ausufernde Art und Weise angenommen. So wird der Begriff ‚Freiheit‘ in wirtschaftlichen, rechtsstaatlichen, religiösen, demokratischen, konsumistischen und vielen weiteren Zusammenhängen diskutiert und propagiert. Wenn ihr mich fragt, so hat das alles kein bisschen mit Freiheit zu tun. Was bedeutet also Freiheit für mich? Für mich bedeutet Freiheit, die Abwesenheit von Herrschaft, festgeschriebenen Gesetzen, Autorität, Unterdrückung und Ausbeutung. Freiheit heißt für mich, dass ich mein Leben in freien Entscheidungen und Vereinbarungen mit anderen gestalten kann. Dass es keinen Staat oder andere höhere Instanzen gibt, die mir versuchen ihre Regeln aufzuzwingen, um mich regierbar und damit ausbeutbar zu machen. Als Anarchisten streben wir ein Leben in Freiheit an. Dabei will ich weder auf das prophezeite Utopia warten, noch mich mit einer alternativen Nische im Kapitalismus zufrieden geben. Der Kampf um die Freiheit, muss dieselbe zum Teil schon enthalten. Das Erkämpfen von Freiheit, das jeden Tag durch die Überwindung von Regeln, Gesetzen und Beschränkungen realisiert wird.
Doch was es heißt, in wirklicher Freiheit ohne Beschränkungen und in Selbstverantwortung zu leben, weiß ich nicht. Denn die Welt in der wir leben, lässt keine Freiheit zu. Was ich aber weiß, ist, dass sich selbst das, was gemeinhin unter dem Begriff Freiheit verstanden wird, ebenfalls kontinuierlich verkleinert. Dabei hat die alte, wie auch die neue Regierung ihr vermehrtes Augenmerk auf den Ausbau der Kontrolle und Überwachung gelegt. Zu legitimieren versuchen sie das ganze mit dem Argument der Sicherheit und dem Kampf gegen die Kriminalität. Und was von Sobotka forciert wurde, setzt Kickl fort. Doch wir sollten uns gar nicht auf diese beiden Kreaturen zu stark konzentrieren, es gibt viele Verantwortliche, die beständig an der Ausarbeitung von Gesetzen, mehr Kontrolle und Überwachung arbeiten.
In Österreich gibt es mit der Freiheitlichen Partei (FPÖ) sogar eine Partei die, meiner Meinung nach vollkommen unverdient, diesen Namen trägt. Denn was ist an der FPÖ schon freiheitlich? Was hat die politische, ökonomische und gesellschaftliche Ausrichtung der FPÖ, was haben ihre Vorhaben zum Leistungsprinzip, dem Nationalismus und der Kontrolle unter dem Argument der Sicherheit mit Freiheit zu tun? Von welcher Freiheit sprechen wir hier? Kann wirklich behauptet werden, dass jeder Freiheit selbst definieren kann? Ist es ein leerer Begriff der beliebig ‚befüllt‘ werden kann? Denn Freiheit bedeutet für alle irgendetwas anderes und hat in der Betrachtung und der Fantasie unterschiedlicher Individuen einen vollkommen anderen Stellenwert mit anderen Inhalten. Der eine versteht unter Freiheit ein fettes Bankkonto, eine Yacht, Luxusautos und eine Villa im 19. Wiener Gemeindebezirk, während für den anderen Freiheit schon ist, wenn er nicht im Knast einsitzt. Für viele bedeutet Freiheit die Möglichkeit viele Waren erwerben zu können und für seine Kohle weniger Arbeiten zu müssen, während ein anderer ’seine Freiheit‘ in religiöser Selbstfindung und der Ablehnung von materiellem Besitz zu finden versucht. Für wieder andere Bedeutet Freiheit, wenn das Land in dem sie leben endlich von allen Ausländern, Asozialen und Aufwieglern gesäubert ist. Von diesem Blickwinkel kann Freiheit so gut wie alles bedeuten. Ich denke, das sind alles nur sinnlose Gedankenspiele und wir sollten uns auf einen viel allgemeineren, roheren und umfassenderen Begriff von Freiheit einigen, der keine Kompromisse mehr zulässt. Wenn wir Freiheit als etwas viel grundlegenderes definieren, das in erster Linie das Individuum und seine Verwirklichung frei von Autorität und Unterdrückung betrifft, dann ist die FPÖ ebenso wie alle anderen politischen Parteien von dieser Frage sowieso ausgeschlossen. Ebenso wie sämtliche Ersatzhandlungen, die versuchen dieses ‚Etwas‘, das Freiheit bedeuten könnte, zu simulieren. Denn ein Politiker der jeden Tag nur danach trachtet, die Menschen auf einem von ihm definierten Territorium zu beherrschen und eine Politikerin, die nichts anderes macht, als Gesetze und Regeln aufzustellen die zu meiner Ausbeutung dienen, soll mir nichts von Freiheit erzählen. Genauso braucht mir niemand, dessen vermeintliche Freiheit lediglich auf Konsum und/oder dem Elend anderer basiert, etwas von Freiheit erzählen. Wirkliche Freiheit kann nur auf den Ruinen der bestehenden Ordnung erblühen.
Ohne dass ich jetzt alle Programme der politischen Parteien in Österreich auf den Begriff ‚Freiheit‘ abklopfen will, um sie alle zu widerlegen, so bietet sich doch die FPÖ speziell dafür an, sie für ein kleines Beispiel heranzuziehen. Nachdem sie die Partei in Österreich ist, die sowohl in der neuen Regierung ist, ein umfassendes Sicherheitspaket einführen will und den Begriff ‚freiheitlich‘ für sich proklamiert.
„Unser Freiheitsbegriff wurzelt in einer idealistischen Weltanschauung und sieht den Menschen nicht auf seine materiellen Bedürfnisse beschränkt. Die Freiheit des Einzelnen findet ihre Grenzen in der Beschränkung der Freiheit des Mitbürgers.“ Parteiprogramm der FPÖ
Klar, dass ein Haufen von privilegierten Säcken, die für österreichische Unternehmer Politik machen, sich nicht um die materiellen Bedürfnisse von anderen etwas scheren wollen. Natürlich verstehe ich, dass der erste Satz anders gemeint ist, aber darauf läuft es bei der FPÖ doch hinaus. Interessant daran ist, dass die FPÖ zurzeit am laufenden Band versucht unsere Handlungsspielräume einzuschränken und zu kontrollieren. Das drückt sich aktuell durch die von Möchtegern-Göbbels Herbert Kickl präsentierten Pläne eines neuen Sicherheitspakets aus. Damit findet die Freiheit der FPÖ, Gesetze einzuführen, keine Grenze in der Beschränkung der Freiheit ihrer Mitbürger. Ganz abgesehen davon ob ich mich selbst als ‚Mitbürger‘ betrachte, was ich nicht tue. An diesem Beispiel soll ersichtlich werden, dass der Freiheitsbegriff einer FPÖ ein idealistisch bürgerlicher ist und mit jenen antiautoritären Überlegungen, die ich mit der Freiheit verbunden sehe nichts zu tun hat. Die FPÖ spricht von nationalstaatlichen und bürgerlichen Freiheiten, die jenen zugestanden werden, die als vollwertige Mitglieder eines bestimmten Territoriums betrachtet werden. Und diese Freiheiten können nur jenen verleihen, die über dieses Territorium herrschen. Scheissegal wie wir es auch drehen und wenden. Unsere Freiheit endet immer an der Entscheidungshoheit der politischen Macht, sowie unser selbstbestimmtes Überleben immer an der Autorität der ökonomischen Macht endet. In dieser Realität gibt es keine wirkliche Freiheit. Ich will aber keine zugestanden Freiheiten. Ich will die grenzenlose Freiheit für mich und alle anderen auch. Und um das zu erreichen muss die Dichotomie von Herrscher und Beherrschter, auf diesem Verhältnis basiert die Logik der FPÖ genauso wie die von allen anderen Parteien und Organisationen die den Staat befürworten, zerschlagen werden.
Das was uns als Freiheit vorgegaukelt wird ist so hohl, wie die Köpfe derer, die denken, dass man nur die richtige Partei wählen muss um frei zu sein. Im Gegensatz zu vielen anderen die über Freiheit sprechen, ist mir als Anarchist klar, dass die Freiheit kein Geschenk ist. Sie muss erkämpft werden. Und in einer Welt die unsere Perspektiven jeden Tag immer weiter verengt, stößt man sehr schnell auf Grenzen die von anderen aufgestellt wurden, um das zu beschützen was sie selbst unter Freiheit verstehen. Doch was ihre Freiheit wirklich ist, ist die ‚Freiheit‘ der Ausbeutung, des Profits, der Autorität, des Betrugs und der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen und der Umwelt. Die Freiheit die sie meinen und die durch ihre Gesetze abgesichert ist, ist die Freiheit der Mächtigen. Als Gegenzug schenken sie uns eine kastrierte Version von dem was sie als Freiheit betrachten: Konsum der Produkte die von den Herrschenden entworfen wurden, limitierte Partizipation an ihrem politischen und gesellschaftlichen Spiel, Verkauf unserer geistigen und körperlichen Ressourcen an die kapitalistische Maschine, usw.
Wir können heute nicht von Freiheit sprechen! Freiheit lässt für mich keine Kompromisse zu. Sie kann lediglich durch meine persönliche Ethik begrenzt werden und diese entwickle ich am besten in freier Entfaltung und nicht durch Zwang. Deshalb sage ich, dass wir heute ebenso wenig von Freiheit wie von Ethik sprechen können, diese Begriffe, die für die menschliche Entwicklung so wichtig wären sind immer weniger existent und werden durch Konsum und Ideologie ersetzt. Also lasst uns die Dinge beim Namen nennen und nicht mehr von Freiheit sprechen wenn wir etwas ganz anderes meinen…