… wurde die „ZAD“ immer wieder genannt. Die „zu verteidigende Zone“ in der Nähe von Nantes in Frankreich umfasst ein ca. 1400 Hektar großes Gebiet, in dem seit über 40 Jahren verschiedene Projekte und Menschen zusammenkommen. Das Gelände wurde damals besetzt, um den Bau eines (weiteren) Flughafens zu verhindern, aber es ging immer auch um mehr als um die Verhinderung dieses Bauprojekts. Neben sozialen, kulturellen und landwirtschaftlichen Projekten wurde die ZAD zu einem Kulminationspunkt für verschiedene antikapitalistische Lebensweisen und zu einem widerständigen Ort, zu dem die Polizei nur sehr begrenzt Zugang hatte und die französischen Gesetze nicht geachtet wurden – es wurden die eigenen Regeln gemacht. Natürlich ging es dem französischen Staat in dieser Hinsicht auch nicht „nur“ um das Flughafenprojekt, das nun vor kurzem offiziell eingestellt wurde. Für den Staat ist es nicht hinnehmbar, dass sich Menschen in einem solchen Ausmaß gegen den Staat und für sich selbst organisieren. Dass ist auch eine Frage des „Prinzips“. Ich habe hier nicht den Platz, um auf die gesamte Geschichte dieser Zone und der damit verbundenen Probleme usw. einzugehen, daher beschränke ich mich auf die Ereignisse der letzten Wochen.
Am 9. April 2018 in den frühen Morgenstunden wurden weite Teile der ZAD von der französischen Polizei und Gendarmerie umstellt. Mit mehreren tausend Bullen und zum Teil schweren Gerät belagerten sie die ZAD und begannen mit den Räumungen der besetzen Gebiete. Dabei trafen sie vor Ort auf massiven Widerstand in unterschiedlichen Ausprägungen: Barrikaden, Rangeleien, Dachbesetzungen von Gebäuden, Steine und Molotovcocktails, Menschenketten, Sitzblockaden, Schleudern, Demos, … Innerhalb kürzester Zeit kam es auch zu Solidaritätsaktionen und -versammlungen in Frankreich und auf der ganzen Welt. Auch in Österreich gab es Aktionen, siehe unsere Rubrik „Rebellische Kurzmeldungen“. Nach über 11 000 von den Bullen verschossenen Tränengas- und Schockgranaten, nach über 300 zum Teil schwer verletzten Widerständigen, nach Tagen der Kämpfe unterbreitete die Politik den Zadistas, wie sie gennant werden, einen Deal: einzelne Projekte in der ZAD können per Formular individuell einen Legalisierungsantrag einreichen…
Die physischen Auseinandersetzungen um die besetzten Gebiete gehen indes ungehindert weiter. Die angebotenen „individuellen Lösungen“ sind ein klarer Schachzug des Staates, um den Widerstand zu spalten und um die Bewegung auseinanderzutreiben. Ein alter Hut: es wird die Unterscheidung in „DIALOG-bereit“ und „GEWALT-bereit“ aufgemacht und damit der Kontrast von „legitimem Widerstand“ und „Terrorismus“. Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht absehbar, ob diese Strategie aufgehen wird oder nicht. Klar ist aber, dass die militärische Belagerung der Zone immer noch besteht, aber auch, dass die Bullen dieses Gebiet nicht einfach so räumen können.
Abgesehen von unserem generellen Interesse an antikapitalistischen und anti-autoritären Projekten wie beispielsweise der ZAD in Frankreich, stellt sich für uns auch immer die Frage, wie wir solche Projekte tatkräftig unterstützen können, ohne selbst vor Ort sein zu können. Dazu kann man sich natürlich von den Solidaritätsaktionen und -angriffen auf Verantwortliche an anderen Orten inspirieren lassen, fast in jedem Ort – auch hierzulande – finden sich geeignete Objekte, die zur Verantwortung gezogen werden können. Jedoch ist es immer auch die Ausarbeitung von eigenen Experimenten des Angriffs und der Freiheit, die auf einer größeren Ebene betrachtet den Kämpfenden in Frankreich unter die Arme greifen. Mir geht es auch um das Erkennen von Gemeinsamkeiten und Unterschieden in den diversen Kämpfen, um voneinander zu lernen, sich zu inspirieren und nebeneinander und wenn möglich gemeinsam gegen diese Welt der Herrschaft zu kämpfen. Denn Revolten, Aufstände und Solidarität machen nicht an den jeweiligen Ländergrenzen halt. Mit unserer eigenen Revolte gegen diese Gesellschaft schaffen wir erst die Grundlage für einen internationalen Kampf gegen das, was uns das Leben versaut. Und um es mit den Worten von Leuten aus der ZAD zu sagen: schaffen wir eine, zwei, viele gesetzlose Zonen! Infos über die Geschichte der ZAD und Aktuelles gibt es immer auf: www.zad.nadir.org