Kürzungen im Kultur- und Sozialbereich; Einführung des Überwachungspaketes; immer mehr deutschnationale Burschenschafter in Politik, Parlament und Wirtschaft; Verschärfungen im Bereich der Sozialleistungen (Mindestsicherung, Abschaffung der Notstandshilfe); Einschränkungen im Demonstrationsrecht; Einführung des 12-Stunden-Tages; tausende mehr PolizistInnen, …
Die türkis-blaue Regierung hat sich so einiges vorgenommen für ihre Legislaturperiode – und einiges davon wurde ja auch schon so umgesetzt. Im Kontrast zu all diesen repressiven Veränderungen in dieser Gesellschaft gibt es extrem wenig Widerstände dagegen. Keine regelmäßigen Demos, keine Vernetzungstreffen verschiedenster Kreise, keine nennenswerten Angriffe, kaum Propaganda dagegen. Da frag ich mich doch, warum das so ist.
Österreich wirkt wie im Schockzustand, gelähmt und regungslos. Ein Schock, hervorgerufen durch die schiere Anzahl an Scheiße, mit der wir irgendwie umgehen müssen. Im Moment verlässt so viele Scheiße das Parlament, die Medien bombardieren uns jeden Tag mit neuen Verschärfungen, immer mehr Polizei ist in den Straßen unterwegs – das sind alles Dinge, die ein solches Klima des Schocks schaffen. Die vermeintliche Ohnmacht (oder Übermacht) macht wohl so manchem Menschen zu schaffen. Ich denke, dass diese Flut an Scheisse von Seiten der Herrschenden sehr beabsichtigt ist, ich glaube es geht genau darum: durch diese anscheinende Übermacht der Scheisse soll der Widerstand eingedämmt, man könnte fast sagen überschwemmt werden.
Denn noch bevor wir uns mit einem dieser Angriffe auf unsere Lebensbedingungen ernsthaft auseinandersetzen können, um zur Tat dagegen zu schreiten, kommt bereits das nächste Thema auf, das auch unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht. Und so springen viele von Thema zu Thema, alle für sich und auf eine gewisse Art spezialisiert und es wird schwierig, das große Ganze noch zu erkennen. Die Menschen wirken wie unter Schock und damit handlungsunfähig. Die Apathie, die damit einhergeht, ist auch in der Medizin bekannt: wenn ein menschlicher Körper mit zuvielen Eindrücken auf einmal (Verletzungen, Kälte, Hunger, Durst, …) fertig werden muss, dann schaltet er auf einen Energiesparmodus, in dem nur noch die notwendigsten Funktionen erfüllt werden und es setzt ein Zustand der Apathie, des bloßen Funktionierens ein.
Natürlich, viele finden diese neuen Entwicklungen auch gut so, auch wenn sie sich damit früher oder später ins eigene Fleisch schneiden werden. Aber irgendwo müssen die Leute ja sein, die so ein Regierungs-Programm wählen und ihm somit an die Macht verhelfen. Jedoch gibt es auch sehr viele Leute in diesem Land, die diese ganzen Beschissenheiten direkt betreffen und die sich dagegen wehren müssten …eigentlich.
Die Geschwindigkeit der Gesellschaft und deren Veränderungen scheint aktuell durch die Entwicklung und Verwendung verschiedenster Technologien ohnehin nicht mehr in unserer Hand zu liegen. Man denke beispielsweise nur an das ständige „Online-Sein“, das erst durch die Einführung von Smartphones und flächendeckendem Internet ermöglicht wurde: dadurch werden z.B. Termine hyper-flexibel, denn alles kann kurzfristig und spontan verschoben und umgeplant werden. Unseren Alltag und unsere Zusammenkünfte zu planen, haben wir durch diese Art zu kommunizieren zumindest teilweise aus der Hand gegeben. Und womit uns die News-Apps und die restlichen Medien täglich zuknallen, beeinflussen wir auch nicht selbst. In der aktuellen Situation wäre es sinnvoll, uns unsere Handlungsfähigkeit zurück zu erobern und uns unsere eigene Geschwindigkeit zurück zu stehlen, damit wir nicht als bloße ZuschauerInnen die Veränderungen erleben, sondern aktiv eingreifen können. Damit wir nicht dem Terminplan der Herrschenden hinterherlaufen müssen, sondern dann zuschlagen können, wann es uns passt und wo sie möglicherweise nicht damit rechnen.
Medizinisch betrachtet geht man mit einem Schock so um, dass der Körper mit Zucker und Wärme versorgt wird und dass man die Füße des betroffenen Körpers hochlegt, damit das Blut zurückfließen kann zu den inneren Organen und dem Gehirn. Nun, umgelegt auf einen gesellschaftlichen Schock wird es allerdings wenig nützen, die Füße hochzulegen…