Obergrenzen und Zwangsarbeit

Wie die rostige Wirtschaftsmaschine mit Geflüchteten geölt wird und das Militär weiter mobilisiert…

Es ist beschlossene Sache und wird auch seit dem 19. Februar umgesetzt: Eine tägliche Obergrenze für Asylsuchende am Grenzübergang Spielfeld von 80 Menschen. Allerdings streitet die Politik weiterhin, ob Österreich Flüchtlinge nach Deutschland „durchlassen“ darf. Die Spannung an den Grenzen wird immer enormer…

8Bereits seit dem vergangenen Sommer wird fleißig sortiert an den Grenzen: die meisten Asylsuchenden, die derzeit nach Europa unterwegs sind, kommen aktuell aus Syrien. Diejenigen, die nach Deutschland und Skandinavien durchgelassen werden, kommen so gut wie alle aus der Mittelbis Oberschicht, einerseits, weil die meisten Armen sich die teure Reise Richtung Europa nicht leisten können und andererseits werden jene, die nicht für den Wirtschaftskoloss EU brauchbar sind, bereits weit früher an den Grenzen ausgesondert. Die Industrienationen der EU, allen voran Deutschland, Frankreich & Co. haben einen enormen Bedarf an billigen, gut ausgebildeten und leicht auszubeutenden Arbeitskräften. Aus dieser Überlegung heraus müssen auch die täglichen Obergrenzen in den einzelnen Ländern betrachtet werden: denn der Bedarf an Arbeitskräften mit Fachausbildung ist zwar enorm, jedoch nicht unbegrenzt. Mit einer Obergrenze wird dafür Sorge getragen, dass nur die besten und qualifiziertesten unter ihnen das Reiseziel erreichen und dort „integriert“ werden. Also nur genau soviele, wie am jeweiligen Standort gerade benötigt werden. Alle anderen sollen entweder im Mittelmeer ersaufen oder sofort wieder abgeschoben werden.

Was heißt „Integration“ in diesem Zusammenhang? Arbeitszwang.

Die Gemeinde Wien macht es bereits vor, andere werden bald nachziehen und auf EuropaEbene wird gerade diskutiert, wie eine einheitliche Integrationszeit für Geflüchtete aussehen kann. In Wien sind bereits seit mehreren Jahren (das entsprechende Gesetz wurde 2012 beschlossen) AsylwerberInnen im Verwaltungsapparat der Gemeinde eingesetzt, wo sie unterschiedlichste Aufgaben erledigen müssen. Eine Bezahlung dafür bekommen sie nicht. Ob es sich positiv, negativ oder gar überhaupt auf ihr Asylverfahren auswirkt, ist fraglich. Auf jeden Fall wird im diesbezüglichen Gesetz keine Auskunft darüber erteilt. In Wirklichkeit werden hier Flüchtlinge als GratisArbeitskräfte ausgenutzt, die weder krankenversichert noch bezahlt werden, um andererseits lauthals „Skandal“ zu rufen, wenn die Obergrenzen überschritten werden sollten… die altbekannte österreichische Scheinheiligkeit!

Militär an den Grenzen im Einsatz

Seit Beginn der „Flüchtlingskrise“ im letzten Sommer, ist das österreichische Bundesheer an den Grenzübergängen präsent. Seit kurzem jedoch werden aktiv junge Menschen angeworben, um den Dienst fürs Vaterland am Stacheldrahtzaun zu vollziehen – mit weit höherer Entlohnung als beim eigentlichen Grundwehrdienst. Denn dass es sich beim „Managen der Flüchtlingsströme“ um eine äußerst gewinnbringende Angelegenheit handelt, liegt auf der Hand. Da wird Geld hin und hergeschoben, private Sicherheitsfirmen, Militär und Polizei profitieren ebenso wie die Herstellungsfirmen der Zäune und Überwachungskameras. Und durch diese Erhöhung des Lohns für Soldaten wird der Grenzdienst attraktiver – vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten…

Eine weitere Entwicklung betrifft der Einsatz von militärischen Sondereinheiten zur Aufstandsbekämpfung. Vor zwei Wochen wurde eine ‘Spezialtruppe’ nach Spielfeld entsandt, die sich auch schon im Kosovo durch die ‘Niederschlagung von Volksaufständen bewährt’ hätte. Es handelt sich um eine Zusammensetzung von Militärpolizei und KIOPKPEEinheiten (Kräfte für internationale Operationen – Kaderpräsenzeinheiten). Insgesamt sollen 450 Berufssoldaten dieser Einheit an der Grenze zu Slowenien stationiert sein. Außerdem sei dieses Sonderkommando an allen österreichischen Grenzen variabel einsetzbar. Wie viele Soldaten für diese Aufgabe wirklich bereit stehen, darüber schweigt sich das Innenministerium aus. Aber die KIOPKPE soll offiziell ein Kontingent von 2200 Personen umfassen. In Klagenfurt sei jedenfalls mit dem Jägerbataillon 25 ein kompletter Luftlandeverband als “operative Reserve” in kürzester Zeit mobilisierbar. Wie der Name schon sagt ist die KIOPKPE für internationale Auslandseinsätze konzipiert. So viel zum Thema ‘Österreichische Neutralität’. Die Soldaten sollen zusammen mit der anwesenden Polizei den ‘Ansturm’ auf Österreichs Grenzen abwehren. Dafür sind sie mit Vollvisierhelmen, Knüppeln und Pistolen ausgerüstet und werden von 2 Pandur-Räumpanzern unterstützt. Um diesen Einsatz und damit die Militarisierung des österreichischen Territoriums noch länger durchhalten zu können fordert Erich Cibulka, Präsident der Offiziersgesellschaft, die österreichische Bundesregierung dazu auf, dem Bundesheer 200 Millionen Euro in den Arsch zu pumpen.

Wirtschaftskrise

Der Kapitalismus steckt in einer Krise. Aus dieser Krise muss das System gestärkt hervorgehen, ansonsten wird es untergehen – und das wissen nicht nur die Revolutionäre. Seit Jahren warnen Ökonomen vor einem unkontrollierbaren Ausfall des Systems, was in revolutionären Situationen, Krawallen und Aufständen münden könnte. Wenn ein großer Teil der Menschen nicht mehr am gesellschaftlichen Wohlstand teilnehmen kann, weil sie davon ausgeschlossen werden, gärt die Wut der Unterdrückten und die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer. Für mich stellt sich daher nicht die Frage, die sich aktuell immer wieder gestellt wird: Sind Flüchtlinge „gut“ oder „schlecht“, sondern vielmehr: Wie können wir dieses System bekämpfen? Und zwar zusammen mit anderen Ausgebeuteten. Diese Ordnung, die uns zu ökonomischen Faktoren degradiert und uns das ‘Menschsein’ abspricht, kennt keine Grenzen, sie breitet sich weiter aus bis sie uns das letzte bisschen Solidarität und Ethik ausgetrieben hat. Deshalb müssen wir uns fragen: Wer können unserer KomplizInnen in diesem Kampf sein? Speziell in der aktuellen angespannten Situation wird diese Frage immer wichtiger: auf welcher Seite der Barrikade stehst du?

Für uns ist klar, dass Obergrenzen nichts an der Misere ändern werden. Es ist nur ein Mittel von vielen, dass die Herrschenden benutzen, um das Elend zu kanalisieren und zu managen. Als AnarchistInnen wissen wir sehr gut, dass wir von der Politik absolut nichts zu erwarten haben, da diese nur den bestehenden Zustand der Gesellschaft zementieren will. Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir das schon selbst tun!