Warum ich gegen Grenzen bin? Weil sie uns als Menschen voneinander trennen. Also nicht nur aus einer gewissen Empathie für jene die vor untragbaren Verhältnissen flüchten, sondern auch weil ich die Kontrolle und jede Reglementierung über mich als Individuum ablehne. Weil ich jede Art der Fremdbestimmung hasse. Und ich eine Welt, in der die Isolation, die Einsperrung und die Segregation immer mehr in den Vordergrund treten, bekämpfen will.
Der Begriff des ‘Lagers’ wird wieder laut in Europa. Denn die Politik stellt sich zunehmend die Frage wo sie die Menschen hinbringen soll, die in Europa unerwünscht sind. Oder wie überhaupt diejenigen die noch kommen könnten davon abgehalten werden können. Ein Vorschlag des österreichischen Außenministers Sebastian Kurz war die Errichtung von Auffanglagern auf Inseln im Mittelmeer. Nach dem australischen Vorbild, wo die Marine Geflüchtete auf den Inseln Nauru und Papua-Neuguinea mitten im Wald unter völlig widerlichen Bedingungen interniert hat. Wenig später hat der sozialdemokratische Bulle und amtierender Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil weitere Überlegungen in diese Richtung unternommen. Er fordert die Errichtung sogenannter ‘Asylzentren’ in Afrika. Beide wollen nur Sorge dafür tragen dass zukünftig nicht mehr so viele Menschen im Mittelmeer ersaufen. Doskozils Idee wird von der EU bereits seit längerer Zeit angestrebt. Auch wenn selbst aus der offiziellen Politik immer wieder Kritik an solchen Vorschlägen laut wird, so lassen die aktuellen Entwicklungen und Diskussionen keinen Zweifel daran, dass die Migration in Zukunft noch mehr mit Masseninternierung bekämpft wird. Und das soll am besten nicht auf dem europäischen Kontinent stattfinden.
Bei solchen Vorschlägen ist für die Zukunft nichts Gutes zu erhoffen. Es liefert uns aber einen weiteren Beweis dafür was Österreich in der Frage der Abschottung Europas und dem Umgang mit unerwünschten Individuen für eine Rolle spielen will. Parallel dazu treibt das verrottete Dreckspack in der Politik immer mehr eine innere Militarisierung voran. In Österreich sind die Befugnisse des Bundesheeres ausgeweitet worden. Seit einigen Wochen ist beschlossen, dass das österreichische Bundesheer in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden soll, die zuvor nur der Polizei vorbehalten waren. Beispielsweise im sogenannten ‘Objektschutz’ von Botschaften und anderen sensiblen Gebäuden. Außerdem soll das Militär die Besatzung der Hercules-Maschinen bilden, die bald für Abschiebungen eingesetzt werden sollen. Militär und Polizei werden in Österreich in den nächsten Jahren zusätzlich mit jeweils über einer Milliarde Euro gefördert.
Was dieses System des globalen Kapitalismus überall produziert, sind ‘Unerwünschte’ und ‘Überflüssige’… Krieg, Profit, Konkurrenz, Ausbeutung und Klassenherrschaft sorgen für soziale und kulturelle Entwurzelung. Die Zahl derer, die zur Masse, zu den Opfern und Nummern in den Geschichtsbücher der Zukunft degradiert werden, steigt immer weiter an. Überall sind Menschen auf der Flucht, aktuell sind es rund 60 Millionen weltweit, Tendenz steigend. Die Profiteure dieses Systems der internationalen Ausbeutung versuchen sich seit langem abzuschotten so gut es geht. Jetzt wo die Entwurzelten zu tausenden und zehntausenden an die Tore Europas klopfen, werden neue Bündnisse und Abmachungen beschlossen. Um die ‘Flüchtlingsströme’ abzuhalten, gehen die Machteliten Europas Abmachungen mit Massenmördern wie Erdogan ein, der seit Jahren einen Genozid an der Bevölkerung Kurdistans begeht. Die Türkei ist aber mittlerweile ein wichtiger Partner der EU wenn es um die Absicherung der Grenze zu Syrien geht. Diese wird immer mehr verstärkt. Mittlerweile soll diese auch mit Selbstschussanlagen, in Form von ‘intelligenten Türmen’, ausgestattet sein, die mit Wärmebildkameras und Maschinengewehren illegale Grenzübertritte ‘verhindern’ sollen. Weitere Bündnispartner für die EU sollen Mali, Niger, Nigeria, Senegal, Äthiopien, Tunesien, Libyen, Jordanien und der Libanon sein oder noch werden. Die Europäische Union versucht das ‘Flüchtlingsproblem’ also auszulagern und bedient sich dabei unterschiedlicher Druckmittel. Einerseits durch die Zahlung von Finanzhilfen, andererseits durch die Drohung der Einstellung von Entwicklungsgeldern in den betreffenden Staaten. Die EU bezeichnet dies als ‘positive und negative Anreize’.
Wir wollen keinen Kampf gegen den Rassismus und die Grenzen, der auf neuen Gesetzen und Kompromissen mit denen beruht, die jede Form der freien Entfaltung des Menschen am liebsten begraben sehen. Die vor keinem Versprechen zurückschrecken um einen billigen Frieden zu erreichen, nur um weiter an der Ausbeutung zu profitieren. Ich denke, dass alle Ge setze ungerecht sind, von Grund auf und ohne Ausnahme. Sie sind gemacht, um die Interessen der herrschenden Klasse und die Reproduktions- und Eigentumsverhältnisse abzusichern. Ich will keine Barrikaden aus Gesetzen, guten Argumenten und materiellen Spenden bauen. Unser Kampf darf sich nicht auf reine Assistenz von anderen beschränken, er muss uns als Individuen genauso stark einbinden und berühren wie jene, mit denen wir in dieser Sache kooperieren können. Er muss auf gemeinsamen Grundlagen stattfinden. Als Anarchist ist für mich jeder Mensch als Mensch vollständig. Er braucht keinen Wert als Produktionsfaktor, Wahlstimme, Staatsbürger oder Angehöriger einer bestimmten Identität. Nüchtern betrachtet gibt es zwischen den Menschen keine Unterschiede. Die Unterschiede wurden von jenen erfunden, die immer neue Wege suchen, um uns zu regieren. Die Politiker, die Pfaffen und Imame, die Nationalisten und Faschisten brauchen diese Unterscheidungen, sonst wären ihre elenden Existenzen nichts wert. Alle Herrschenden betreiben auf die eine oder andere Art eine Kultur der Abschottung und des Machterhaltes. Diese Mentalität kann nicht durch neue Entwürfe der Herrschaft und Machtverteilung bekämpft werden, sondern nur durch deren Negation. Eine Kultur der Subversion muss ihr entgegengesetzt werden. Deren Schönheit sich in ihrer ständigen Auflehnung und deren Stärke sich in ihrer Unbezähmbarkeit und Unabhängigkeit ausdrückt.
Die Freiheit kann weder auf Tafeln aus Stein noch in einem Gesetzbuch festgehalten werden. Sie steht im Wandel der Zeit und muss sich ständig neu beweisen, so wie sie von den Herrschenden auf der Bühne der Geschichte auch immer wieder blutig hingerichtet wird. Sie muss sich in der Realität und in unseren Taten entfalten. Der Kampf gegen die Grenzen ist nicht nur ein Kampf gegen den Rassismus sondern auch gegen die Militarisierung, die kapitalistische Ausbeutung, den Nationalismus und die staatliche Unterdrückung und Kontrolle. Dieser Kampf kann sich in unterschiedlichen Formen darstellen. Er kann die Grenzen vor Ort angreifen so wie wir es mit großer Freude in den letzten Wochen und Monaten bei Demonstrationen auf dem Brenner beobachten konnten. Er kann jedoch auch wie vor kurzem in Wien stattfinden, als für einige Zeit der Verkehr blockiert und mit Transparenten ein Bezug hergestellt wurde. Es gibt viele Mittel und Möglichkeiten die Maschine zu sabotieren. Es sind die Gespräche, die Diskussionen und Auseinandersetzungen die wir führen, zusammen mit den Taten, den Angriffen und der Solidarität die wir im Großen und Kleinen realisieren. Es ist die Fülle aller Handlungen, indem wir jedesmal aufs neue jeder Autorität die Stirn bieten.
Dezentral, selbstorganisiert und konfrontativ.