Im Parlament wird wieder mal eine Gesetzesverschärfung diskutiert, die nach den Plänen der PolitikerInnen am liebsten schon mit 1. August in Kraft treten soll. Der Kernpunkt dieser Verschärfung bezieht sich auf Verwaltungsstrafen, die gegen „störende Personen im öffentlichen Raum“ angewendet werden sollen – mit einem Ausmaß von bis zu 500 € pro Strafe. Auch würde – wenn diese Verschärfung in Kraft tritt – kein objektiver Grund für eine solche Strafe mehr notwendig sein. Lediglich die Einschätzung und die Willkür der Bullen soll also festlegen können, welche Personen als „störend“ wahrgenommen werden und somit vertrieben und mit Geldstrafen belegt werden. Das ist es, was „eure“ Politiker und Politikerinnen uns allen aufzwingen. Das Repertoire des Staates, um Wien als Stadt der Reichen weiter zu etablieren und zu schützen, wird massiv ausgeweitet. In dieser Hinsicht ist auch das neue Suchtmittelgesetz, das am 1. Juni in Kraft trat, zu betrachten: Dieses erweitert die Befugnisse der Bullen, um Leute an sogenannten „Hot Spots“ zu kontrollieren, wie sie beispielsweise am Praterstern und entlang der U-Bahn Linie U6 eingerichtet wurden (wir berichteten in der letzten Ausgabe). Auch steht seit dem 1. Juni sporadisch immer wieder ein Kamerawagen der Bullen am Praterstern, um alle Dealer und Störenfriede abzufilmen und um „Beweismaterial“ zu sammeln; selbstverständlich wirst auch DU bei deinem Weg über den Praterstern gefilmt, aber du bist sicher eine gute Bürgerin und hast ja nichts zu verbergen, richtig…? Ebenso spielen die erweiterten Möglichkeiten zur Wegweisung und Einsperrung dabei eine große Rolle. Kontrolliert, gemaßregelt, gedemütigt und eingesperrt werden also die Leute, die nicht ins gewünschte Stadtbild bestehend aus Arbeiten, Konsumieren und Parieren passen. Das ist offensichtlich und lässt sich kaum verstecken, auch wenn die Bullen immer mehr Trainings erhalten, wie sie „weniger rassistisch“, „weniger aggressiv“, „weniger was auch immer“ mit dem Abschaum der Gesellschaft umgehen können.
Selbst diejenigen unter euch mit den größten Scheuklappen vorm Gesicht können die Augen nicht davor verschließen: bei „Routinekontrollen“ in Einkaufsstraßen werden Obdachlose, Punks, BettlerInnen und Junkies kontrolliert, also alle, die nicht mit der erwünschten Kaufkraft ausgestattet sind und daher weg müssen um die Kunden mit Geld nicht zu verschrecken. Obdachlose werden mit Gewalt aus ihren behelfsmäßigen Unterschlüpfen im Prater, im Stadtpark und von der Donauinsel vertrieben. Sitzbänke im öffentlichen Raum werden mittlerweile so konstruiert, dass ein gemütliches Rumhängen, geschweige denn Schlafen schon rein architektonisch verhindert wird und die Überwachungskameras, die wie Pilze aus dem Boden schießen, sollen die Teilhabe der Unerwünschten am Reichtum verhindern…
Über das neue polizeiliche Sicherheitsgesetz, das nun schlussendlich am 1. Juli in Kraft trat, wurde in den vergangenen Ausgaben bereits ausführlich geschrieben, daher spare ich dieses Thema hier aus, auch wenn es ebenso ein Glied in der Kette um unsere Beine ist, wie die beiden oben genannten Verschärfungen und alle anderen Gesetze, die uns knechten sollen. Die Entwicklung und Verstärkung dieser Ketten hat sich in der letzten Zeit jedoch maßgeblich beschleunigt, was nicht zuletzt auf die Terroranschläge von Paris, Brüssel, Istanbul, … zurückzuführen ist. Diese Vorfälle werden selbstverständlich von den Herrschenden genutzt, um Ängste in der Bevölkerung zu schüren und somit die Bereitschaft, Einschränkungen der Freiheit im vermeintlichen Tausch gegen etwas Sicherheit hinzunehmen. Die Angst fungiert in diesem Zusammenhang als ein weiterer Graben zwischen den Ausgebeuteten und Unterdrückten, der einen Brückenschlag zwischen verschiedenen beschissenen Lebensrealitäten (alle vom System produziert) verhindern soll. Jeder kämpft für sich allein gegen die eigenen miserablen Umstände und versucht bei jeder Gelegenheit, die sich bietet, zuzuschlagen, um eine Sprosse höher in der Leiter der Hierarchie klettern zu können. Auf die Logik der kapitalistischen Stadt und diese Unfreiheit scheiße ich einen großen Haufen. Wenn wir an dieser immer trister werdenden Misere tatsächlich etwas Grundlegendes verändern wollen, müssen wir sowohl individuell als auch kollektiv gegen die Entwicklung einer Stadt der Reichen revoltieren. Petitionen und Skandale, mediale und gesellschaftliche Empörung oder Forderungen an die Politik werden uns keinen Schritt näher an die Freiheit bringen, diese müssen wir uns schon selbst erkämpfen. Und zwar mit frischem Mut und Tatendrang.